Auf Tuchfühlung: Wer kann mit wem in Europa? Expertenbefragung in 28 Hauptstädten veranschaulicht erstmals das komplexe Beziehungsgeflecht der EU-Mitgliedstaaten

Auf Tuchfühlung- Wer kann mit wem in Europa?

Veröffentlicht von PSM.Media

Expertenbefragung in 28 Hauptstädten veranschaulicht erstmals das komplexe Beziehungsgeflecht der EU-Mitgliedstaaten

Berlin- Fast die Hälfte bevorzugt eine gemeinsame Migrations- und Asylpolitik auf EU-Ebene. Die Mehrheit wünscht sich eine gemeinsame Energie-Politik auf EU-Ebene.

Welche Hauptstädte haben den größten Einfluss in der EU und welche EU-Staaten gelten als “essentieller Partner”? Welche Länder haben dieselben Interessen und kooperieren am häufigsten und engsten mit wem? Welche Regierungen gelten als besonders einfach in der Zusammenarbeit? Klarheit über das unsichtbare Beziehungsnetz der EU-Mitgliedstaaten bringt nun ein interaktiver Datenatlas, der im Rahmen des von der Stiftung Mercator geförderten Projektes Rethink:Europe beim European Council on Foreign Relations (ECFR) entstanden ist.

Bei der Verbundenheit der Staaten untereinander sowie zu deren wahrgenommenen Einfluss auf die EU-Politik zeichnet sich die Schlüsselrolle Deutschlands und Frankreichs deutlich ab. Daneben wurde die Bedeutung der anderen großen Staaten (Großbritannien – auch nach dem Austritt -, Italien, Polen und Spanien) und kleinerer Staaten, nämlich die Niederlande und Schweden sichtbar, die im Kreis aller EU-Staaten durch die enge Verflechtung mit anderen auffallen und hohe Wertschätzung erfahren. Der gleiche Kreis von acht Staaten steht auch im Ranking des Einflusses auf die EU-Politik im Mittelpunkt und befindet sich unter den Staaten die am häufigsten als “wichtige Partner” genannt werden. Je nach Politikfeld unterscheidet sich jedoch das Koalitionszentrum, so dass es mehrere politische Zentren gibt. Die deutsch-französische Achse ist zwar oft der Kern, erfolgreiche Koalitionsinitiativen setzen in der Außen- und Entwicklungspolitik, Sicherheits- und Verteidigungspolitik, Wirtschafts- und Sozialpolitik, und Fiskalpolitik aber das Mitwirken anderer Partner voraus.

Fast die Hälfte der EU-Mitgliedstaaten (48%) bevorzugen eine gemeinsame Migrations- und Asylpolitik auf EU-Ebene. Neben den Mittelmeeranrainern, die die meisten Flüchtlinge in Empfang nehmen, sprechen sich Deutschland und kleinere, wohlhabende Staaten für das gemeinsame Handeln im Rahmen aller EU-Staaten aus. Ein Drittel der befragten Experten können sich vorstellen, politische Lösungen in kleineren Koalitionen von Mitgliedstaaten zu finden, etwa Frankreich, Belgien oder Rumänien. Für Lösungen auf nationaler Ebene sprechen sich hingegen viele Studienteilnehmer aus Ungarn und Polen, aber auch aus Dänemark aus. Gleiches gilt für die Energiepolitik. 61% der Befragten sind für eine gemeinsame Energie-Politik auf EU-Ebene. Und dennoch: “Der Europäischen Union fehlt ein Kreis an Staaten, die bereit sind, gemeinsam zu handeln und die europäische Integration voranzutreiben,” stellt Josef Janning, Leiter des Berliner Büros es ECFR fest. “Um den aktuellen Fliehkräften entgegenzuwirken, werden die EU-Mitgliedstaaten künftig verstärkt durch strukturierte Gruppen oder informelle Koalitionen der Willigen für “mehr Europa” zusammenarbeiten müssen.” Christel Zunneberg, Research Assistentin im Rethink: Europe Projekt des ECFR fügt hinzu: “Es stellt sich heraus, dass das Koalitionszentrum sich je nach Politikfeld unterscheidet, so dass es mehrere politische Kraftfelder gibt. Dies wird den Weg zu einem Europa der mehr Geschwindigkeiten prägen.”

Der interaktive Datenatlas “EU Coalition Explorer” (PDF, 741 Seiten, 51 MB) ist hier abrufbar: http://www.ecfr.eu/eucoalitionexplorer. Die komplette Studie “The invisible web – from interaction to coalitio-building in the EU” .

 

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