Cohen bekennt sich vor Gericht schuldig
New York – Donald Trump gerät zunehmend unter Druck: Nach Gerichtsverhandlungen vom Dienstag gegen zwei seiner engsten Vertrauten sieht sich der US-Präsident mit Vorwürfen der Verschwörung zum Wahlkampfbetrug ausgesetzt. Zugleich drohen seinen beiden Vertrauten Haftstrafen. In New York hatte sich am Dienstag der langjährige Trump-Anwalt Michael Cohen wegen Gesetzesverstößen in acht Anklagepunkten schuldig bekannt, in Virginia wurde unterdessen Trumps Ex-Wahlkampfchef Paul Manafort wegen Betrugs in acht Anklagepunkten schuldig gesprochen.
Cohen räumte vor einem Bundesrichter im New Yorker Stadtteil Manhattan seine Schuld unter anderem wegen Steuerbetrugs und Verletzung der Gesetze zur Wahlkampffinanzierung ein. Cohen gab zu, an zwei Frauen, die nach eigenen Angaben sexuelle Kontakte zu Trump hatten, Schweigegeld in Höhe von 130.000 und 150.000 Dollar (114.000 und 131.000 Euro) gezahlt zu haben.
In einer spektakulären Wende deutete Cohen dabei an, dass der damalige Präsidentschaftskandidat Trump als Mitverschwörer fungierte. Die Zahlungen an die Frauen, bei denen es sich mutmaßlich um die Pornodarstellerin Stormy Daniels und das frühere “Playboy”-Model Karen McDougal handelt, seien auf Aufforderung “eines Kandidaten” erfolgt mit der “Intention, die Wahl zu beeinflussen”, sagte der sichtlich niedergeschlagene Cohen mit brüchiger Stimme.
Cohens Anwalt Lanny Davis erklärte später: “Das ist Michael, der sein Versprechen erfüllt – seine Familie und sein Land voranzustellen und die Wahrheit über Donald Trump zu erzählen.” Cohen habe “unter Eid erklärt, dass Donald Trump ihn angewiesen hat, ein Verbrechen zu begehen, in dem er zwei Frauen mit dem Hauptziel bezahlte, eine Wahl zu beeinflussen”. “Wenn diese Zahlungen ein Verbrechen von Michael Cohen waren, warum sollten sie dann kein Verbrechen von Donald Trump sein?”
Cohens Angaben könnten darauf hindeuten, dass er bereit ist, über seine über Jahre gesammelten Informationen auszupacken. Im Gegenzug dürfte Cohen auf ein geringeres Strafmaß hoffen. Nach Angaben des Richters drohen Cohen maximal 65 Jahre Haft – das Urteil soll am 12. Dezember verkündet werden.
Cohens Aussage könnte Trump rechtlich in Bedrängnis bringen: Zwar kann der US-Präsident nach geltendem Recht nicht vor Gericht gestellt werden; sollten sich die Vorwürfe jedoch bestätigen, dürften die Rufe nach einem Amtsenthebungsverfahren lauter werden.
Das Weiße Haus wollte sich zu Cohens Vorwürfen nicht äußern. Regierungssprecherin Sarah Sanders sagte Journalisten knapp, sie sollten sich “an den externen Berater des Präsidenten” wenden.
Trumps Anwalt Rudy Giuliani sagte US-Medien, in den Anschuldigungen gegen Cohen “gibt es keine Vorwürfe hinsichtlich eines Fehlverhaltens des Präsidenten”.
Vor einem Bundesgericht in Alexandria bei Washington wurde am Dienstag zudem Trumps Ex-Wahlkampfchef Manafort in acht Punkten wegen Steuer- und Bankenbetrugs schuldig gesprochen. In den übrigen zehn Anklagepunkten erzielten die Geschworenen keine Einigung.
Es war die erste Verurteilung im Zuge der Untersuchungen des US-Sonderermittlers in der Russlandaffäre, Robert Mueller, die Trump als politische “Hexenjagd” bezeichnet. Allerdings ging es in dem Verfahren nicht um Vorwürfe gegen Manafort hinsichtlich seiner Tätigkeit als Trumps Wahlkampfmanager 2016 und um den von Mueller untersuchten Vorwurf illegaler Absprachen von Trumps Wahlkampfteam mit Moskau.
Trump äußerte nach dem Schuldspruch Bedauern: “Ich bin sehr traurig darüber”, sagte der Präsident vor einem Auftritt in West Virginia. Es habe aber “nichts mit geheimen Absprachen zu tun”, fügte er hinzu. Der Schuldspruch sei Teil der “Hexenjagd”.
Manafort sei “ein guter Mann”, sagte Trump. Zugleich versuchte er sich von seinem Ex-Wahlkampfchef zu distanzieren: Manafort habe “für viele, viele Leute gearbeitet”.
Manaforts Anwalt Kevin Downing kündigte an, sein Mandant prüfe nun “alle Optionen”. Allein die Anklagepunkte des Bankbetrugs ziehen jeweils hohe Haftstrafen nach sich, wodurch Manafort theoretisch den Rest seines Lebens hinter Gittern verbringen könnte. Ein Rechtsexperte sagte AFP jedoch, es sei von weniger als zehn Jahren Haft auszugehen.