Künftiger Staatschef will Brasilien zu: großer Nation machen
Ein Rechtspopulist steht künftig an der Spitze des größten lateinamerikanischen Landes: Der ultrarechte Politiker Jair Bolsonaro hat die Präsidentschaftswahl in Brasilien klar gewonnen. Bei der Stichwahl am Sonntag erzielte der 63-Jährige rund 55 Prozent der Stimmen und landete damit zehn Prozentpunkte vor Linkskandidat Fernando Haddad von der Arbeiterpartei (PT). “Gemeinsam werden wir Brasiliens Schicksal verändern”, sagte Bolsonaro in seiner Siegesrede.
Er wolle Brasilien zu einer “großen Nation machen”, sagte der Rechtsaußenpolitiker, der häufig als “Donald Trump Brasiliens” bezeichnet wird, und kündigte einen scharfen Rechtskurs an: “Wir können nicht länger mit dem Sozialismus, dem Kommunismus, dem Populismus und dem Linksextremismus flirten.”
Zugleich gelobte der Anhänger der Militärdiktatur der Jahre 1964 bis 1985, er werde “Verfassung, Demokratie und Freiheit” verteidigen. Das sei “ein Schwur vor Gott”.
Der mit rund 45 Prozent unterlegene Linkskandidat Haddad warnte, mit Bolsonaros Wahlsieg seien die bürgerlichen, politischen und sozialen Rechte der Brasilianer bedroht. In der Opposition wolle er jetzt “die Interessen der Nation” verteidigen.
Bolsonaro hatte schon die erste Wahlrunde am 7. Oktober klar gewonnen und war als Favorit in die Stichwahl gegangen. Er wird das Präsidentenamt im Januar 2019 antreten. Der scheidende Staatschef Michel Temer gratulierte Bolsonaro zu seinem Wahlsieg und kündigte an, die Übergabe der Regierungsgeschäfte werde ab Montag vorbereitet.
Nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses feierten zehntausende Anhänger Bolsonaros auf dem Strand von Barra da Tijuca in Rio de Janeiro. “Das Volk hat gesprochen”, sagte der Unternehmer André Luiz Lobo. “Wir sind das empörte Volk, das an der Gewalt und der Korruption verzweifelt.” Auch in der Wirtschaftsmetropole São Paulo feierten zahlreiche Anhänger Bolsonaros.
Brasilien steckt in einer schweren Krise. Zahlreiche Bestechungsskandale haben die politische Klasse des Landes erschüttert. Nach einer schweren Rezession erholt sich die Wirtschaft nur langsam, zugleich grassieren Kriminalität und Gewalt.
Bolsanaro, der die Militärdiktatur von 1964 bis 1985 bewundert und verherrlicht, empfiehlt sich als “Saubermann”. Der ehemalige Fallschirmjäger und Hauptmann der Reserve sorgt immer wieder mit rassistischen, frauenfeindlichen und homophoben Äußerungen für Empörung.
Den “guten Brasilianern” will Bolsanaro das Tragen von Waffen erlauben, damit sie sich gegen die Kriminellen verteidigen können. Seine künftige Regierung soll zu einem Drittel aus Generälen bestehen. Der Katholik hält die traditionellen Familienwerte hoch und wird von den mächtigen evangelikalen Kirchen in Brasilien unterstützt.
Der 55-jährige Haddad, ehemaliger Bürgermeister von São Paulo, war als Ersatzkandidat der Arbeiterpartei für den wegen Korruption inhaftierten ehemaligen Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva angetreten. Dieser hatte ursprünglich als aussichtsreichster Präsidentschaftskandidat gegolten. Haddad warnte während des Wahlkampfs vor dem mit Bolsonaro drohenden “Faschismus”.
Er warf dem Lager seines Gegenspielers vor, während des Wahlkampfs unter anderem über WhatsApp massiv Falschinformationen zu Lasten der Arbeiterpartei und zugunsten Bolsonaros verbreitet zu haben. Die Mission der lateinamerikanischen Wahlbeobachter erklärte, die Verbreitung falscher Informationen habe ein “nie gesehenes Ausmaß” angenommen.