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Salvini stürzt Italien in die Krise- Premier verlangt Erklärung

Veröffentlicht von PSM.Media

Giuseppe Conte kritisiert seinen Innenminister Matteo Salvini scharf, es stehe diesem nicht zu, Neuwahlen herbeizureden

Italien- Mit der Forderung nach Neuwahlen hat Italiens Innenminister Matteo Salvini die Regierung in einer schwere Krise gestürzt. Der Vize-Ministerpräsident und Vorsitzende der ausländerfeindlichen Lega-Partei verlangte am Donnerstag angesichts von Streitigkeiten mit dem Koalitionspartner Fünf Sterne eine vorgezogene Parlamentswahl.

Der parteilose Ministerpräsident Giuseppe Conte und Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio kritisierten die Forderung scharf.

“Wir gehen sofort ins Parlament, um festzustellen, dass es keine Mehrheit mehr gibt”, erklärte Salvini, der starke Mann der Regierung in Rom, am Donnerstagabend. “Lasst uns den Wählern das Wort zurückgegeben.”

Ministerpräsident Conte wies dies umgehend zurück: “Es steht dem Innenminister nicht zu, das Parlament einzuberufen. Es steht ihm nicht zu, die Etappen einer politischen Krise vorzuschreiben.” Der Lega-Chef müsse dem Land und den Wählern jetzt erklären, warum er “abrupt” die Arbeit der Regierung beenden wolle. Die Menschen hätten an die “Möglichkeit eines Wandels” geglaubt, erklärte Conte.

Scharfe Kritik kam auch von Fünf-Sterne-Chef Di Maio, der wie Salvini Vize-Ministerpräsident ist. Der Innenminister stelle seine eigenen Interessen über die Interessen des Landes, erklärte Di Maio. Er warf Salvini vor, sich bei seinem Vorgehen von Umfragen leiten zu lassen. In diesen steht die rechtsextreme Lega-Partei derzeit viel besser da als die populistische Fünf-Sterne-Bewegung.

Die seit Juni 2018 amtierende Regierung aus Lega und Fünf-Sterne-Bewegung steuerte schon länger auf eine Krise zu. Den Ausschlag gab nun die letzte Abstimmung im Parlament vor der Sommerpause am Mittwoch. Dabei votierte die Fünf-Sterne-Bewegung gegen ein milliardenschweres Bahnprojekt, das von der Lega unterstützt wurde.

Das Projekt sah eine Hochgeschwindigkeitstrasse zwischen dem französischen Lyon und der norditalienischen Stadt Turin vor. Teil des Projekts wäre unter anderem ein 8,6 Milliarden Euro teurer Tunnel durch die Alpen. Die Opposition forderte nach der gescheiterten Abstimmung den Rücktritt der Regierung mit der Begründung, diese habe keine arbeitsfähige Mehrheit mehr im Parlament.

Salvini erklärte am Donnerstag, es sei sinnlos, mit ständiger Ablehnung und Streitigkeiten weiterzumachen wie in den vergangenen Wochen. “Die Italiener brauchen Gewissheit und sie brauchen eine Regierung, die funktioniert.” In seiner Mitteilung verurteilte Salvini zudem “wiederholte Beleidigungen von sogenannten Verbündeten” gegen ihn selbst und die Lega. Verkehrsminister Danilo Toninelli hatte ihn kürzlich als “Zwerg auf den Schultern von Riesen” bezeichnet.

Es gibt nun mehrere mögliche Szenarien. Eine Möglichkeit wäre eine Regierungsumbildung.

Sollte die Regierung auseinanderbrechen und sich im Parlament keine neue Mehrheit für eine Regierungsbildung finden, könnten im Oktober vorgezogene Parlamentswahlen stattfinden. Jüngsten Umfragen zufolge würde die Lega die Wahlen gewinnen und könnte mit der kleinen rechtsextremen Partei Fratelli d’Italia koalieren.

Alle Blicke richten sich nun auf Staatschef Sergio Mattarella. Nur er kann das Parlament auflösen und Neuwahlen ansetzen. Mattarella hat allerdings mehrfach darauf gepocht, dass eine Regierung im Amt sein muss, um im Schuldenstreit mit der EU den Haushaltsplan fertigzustellen. Dessen erster Entwurf muss der EU bis Ende September vorgelegt werden. Der Präsident könnte eine Übergangsregierung aus Technokraten ernennen und die Neuwahlen auf Februar oder März verschieben.

Die italienische Nachrichtenagentur Agi berichtete, der Senat könne am 20. August zusammentreten, um den Verlust der Regierungsmehrheit festzustellen. Das Parlament könne dann binnen weniger Tage aufgelöst werden. Neuwahlen müssten laut Verfassung dann in einer Frist von 50 bis 70 Tagen stattfinden.

 

Quelle: AFP, 09.08.2019, Foto: Regierungschef Conte (l.) und Innenminister Salvini, Quelle: AFP/Archiv / Filippo MONTEFORTE