Inzwischen ist die Zahl der mit Corona infizierten Tönnies-Mitarbeiter auf mehr als 1500 gestiegen
Osnabrück- Armin Laschet greift hart durch, ein Hygiene-Experte äußert sich zu den Umständen
Zwischen den großen Ausbrüchen in den Schlachthöfen von Tönnies und des Konkurrenten Westcrown gibt es Verbindungen. Offenbar trafen sich infizierte Mitarbeiter beider Unternehmen.
Schon über 1.500 Infizierte
Der Mann ist Werksmitarbeiter in der Fleischfabrik Tönnies in Rheda-Wiedenbrück. Arbeiten geht er gerade nicht. Denn wegen des großen Corona-Ausbruchs wurde die Schlachterei stillgelegt. Es gibt über 1.500 Infizierte. Für viele wurde eine Quarantäne verhängt.
Für den Mann gilt die angeblich nicht. “Ich bin nicht in Quarantäne, weil ich gesund bin. Und meine Mitbewohner auch. Unsere Tests waren negativ.” Trotzdem weiß er nicht, ob er demnächst vielleicht doch zuhause bleiben muss. Der nächste Corona-Test kann schließlich auch positiv ausfallen.
Es ist eine Verunsicherung, wie sie gerade wohl unter vielen Tönnies-Mitarbeitern herrscht. Sie kommen oftmals aus Osteuropa. Die Arbeit ist hart und der Lohn gering. Gewohnt wird in einfachen Unterkünften, oftmals mit mehreren Kollegen zusammen. Und plötzlich stehen sie im Zentrum des größten Corona-Ausbruchs in NRW.
Abgeriegelte Wohnsiedlungen
Manche Wohnsiedlungen von Tönnies-Mitarbeitern wurden komplett abgeriegelt mit Bauzäunen. Wer Lebensmittel benötigt, ist auf Hilfe angewiesen.
Corona-Ausbruchs bei Tönnies im Kreis Gütersloh
Schon wieder NRW. Mit Heinsberg begann die Corona-Krise. Mit Gütersloh droht die zweite Welle. Und erneut zeigt sich, wie schlecht es ums Krisenmanagement im Land bestellt ist. Zu spät, zu zögerlich, zu kraftlos agiert die Landesregierung. Was jetzt verkündet wurde, soll die Bevölkerung beruhigen, sorgt aber eher für Verunsicherung. Laschet hält sich wieder einmal alles offen. Bei dem sprunghaften Anstieg der Infektionen ist der Lockdown aber überfällig. Je länger die Landesregierung abwartet, desto größer ist die Gefahr, dass die Verbreitung der gefährlichen Lungenkrankheit kaum noch eingedämmt werden kann.
Die Entscheidung für den Stillstand dürfte Armin Laschet auch deshalb so schwer fallen, weil er sich seit Wochen als Fürsprecher für Lockerungen präsentiert und bei Kanzlerin und Länderchefs für seinen NRW-Weg der neuen Normalität geworben hat. Wenn jetzt ausgerechnet in seinem Land wieder strenge Kontaktsperren beschlossen würden, wäre seine Kompetenz und seine Autorität in Frage gestellt. Die Opposition hat es nun leicht, provokant zu fragen: Weiß der CDU-Ministerpräsident eigentlich, was er tut?
Armin Laschet hat es bislang immer verstanden, als kluger Moderator selbst widerstreitende Kräfte zu einem gemeinsamen Handeln zu bringen. Doch Krisen lassen sich kaum durch Kompromisse überwinden. Hier braucht es weniger den von Laschet gepflegten präsidialen Führungsstil. Hier braucht es mehr: Mut zu Entscheidungen. Und das macht den wesentlichen Unterschied zu seinem bayerischen Kontrahenten Markus Söder aus. Der einstmals unbeliebte Franke hat heute deutschlandweit höhere Akzeptanzwerte als sein rheinischer Kollege. Warum das so ist, verraten Politikbeobachter: Während Söder regiert, reagiert Laschet. Auch jetzt in Gütersloh.
Horst Thoren/RP Digital GmbH /PSM. Media, 25.06.2020, Foto: Der Corona-Ausbruch bei Tönnies wirkt sich auch auf den Landkreis Osnabrück aus. © dpa-Bildfunk Foto: David Inderlied