JVA-Projekt verbindet Inhaftierte mit ihren Kindern
Weihnachten hinter Gittern – die schlimmste Zeit des Jahres.
In der festlich geschmückten Wohnung riecht es nach Plätzchen, Duftkerzen und weihnachtlichem Tee; zu den Klängen altbekannter Weihnachtslieder werden die letzten Geschenke eingepackt und der Weihnachtsbaum aufgestellt. Die Vorfreude auf die bevorstehenden Festtage lässt Kinderaugen strahlen. So wünschen wir uns die Vorweihnachtszeit.
Aufgrund der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie wird das diesjährige Weihnachtsfest in vielen Familien weniger feierlich begangen. Sei es aus Sorge um die Angehörigen, den Schutz anderer Mitmenschen, oder die Angst um den Arbeitsplatz
Auch für Kinder mit einem inhaftierten Elternteil ist es schwierig. Die ohnehin geringen Möglichkeiten der persönlichen Begegnung wurden in diesem Jahr aufgrund der Schutzmaßnahmen weiter eingeschränkt. Besuche im Gefängnis sind nur mit einer trennenden Glasscheibe möglich und die jährliche Weihnachtsfeier hinter Gittern findet ebenfalls nicht statt. Ganz oben auf dem Zettel steht bei diesen Kindern vermutlich der Wunsch, den Vater zum Fest bei sich zu haben.
Sechs der in der JVA Uelzen inhaftierten Väter werden ihren Kindern trotz Haft zu Weihnachten ganz nah sein, zumindest ihre Stimme.
Möglich macht es die Aktion der JVA-Seelsorge „Väter lesen für ihre Kinder”, während der die Väter Weihnachtsgeschichten, Märchen und persönliche Grüße eingesprochen haben, die dann mit Hilfe eines engagierten Radiojournalisten auf CD gebrannt wurden. Seit sechs Jahren läuft dieses Projekt, das dazu beitragen soll, eine Brücke zwischen den Inhaftierten und ihrem Nachwuchs zu bauen.
Martina Forster, katholische Seelsorgerin in der JVA Uelzen, hat das Projekt in diesem Jahr begleitet. Für sie sind die Lesungen immer wieder ganz besondere Momente. „Die Väter sind mit so viel Liebe dabei, vom Auswählen der Inhalte bis zum Vorbereiten der Texte.” Auf die geringe Beteiligung angesprochen findet Forster eine mögliche Erklärung: Viele trauen sich einfach nicht, haben vielleicht Schuldgefühle und dann sind da auch noch jede Menge Emotionen im Spiel, die nicht jeder zeigen möchte. Diejenigen die es wagen sind mit Begeisterung dabei und dankbar für diese Gelegenheit. „Auf diesem Wege können die Väter mit Worten über die Mauer springen und ihren Kindern etwas ganz Besonderes schenken!”
Der 41-jährige Familienvater Bartas A. ist einer der Teilnehmer. Während eines Gottesdienstes in der JVA erfuhr er von dem bevorstehenden Projekt und hat sich sofort angemeldet. Eine passende Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens fand er in einem Buch in der Gefängnisbücherei. Zusammen mit einer persönlichen Botschaft und musikalischer Untermalung hat er die CD für seine beiden Kinder erstellt. Am Heiligabend werden die Kinder dann mit dieser Aufnahme überrascht. „Mir ist es wichtig, dass sie meine Stimme hören”, erklärt Bartas. Für ihn ist es das vierte Weihnachtsfest in Haft, er denkt oft an die Momente, als er bei seinen Kindern am Bett saß und ihnen vorlas.
Dann erinnert er sich auch an frühere Weihnachten – an den mit Stroh dekorierten Esstisch bei den Großeltern, den traditionell zubereiteten Fisch und an die gemeinsamen Momente mit der Familie. An den Entlassungszeitpunkt mag er aber noch nicht so recht denken, berichtet Bartas. „Es ist so viel Zeit vergangen, so viel hat sich verändert!” Aber er freut sich riesig auf die gemeinsamen Momente mit seiner Familie und zum nächsten Weihnachtsfest wird er dann wieder gemeinsam mit ihnen am Tisch sitzen und seinen Kindern persönlich vorlesen.
JVA Uelze, 23.12.2020, Foto: Papa in der JVA © iStock