STARTUP-BAROMETER 2021: Standort Berlin bleibt vorn, München holt auf
- esamtwert der Investitionen in Startups steigt um mehr als ein Drittel auf 6,2 Milliarden Euro
- Zahl der Investitionsrunden steigt um 13 Prozent auf 704
- E-Commerce verliert an Bedeutung, Software-, FinTech- und Mobility-Startups erhalten deutlich mehr Geld
Berlin- Der Finanzierungsboom im deutschen Startup Segment hält an: Jungunternehmen konnten im Jahr 2019 so viel frisches Kapital einsammeln wie nie zuvor. Insgesamt erhielten sie 6,2 Milliarden Euro, 36 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Finanzierungsrunden stieg um 13 Prozent auf 704.
Erneut floss der Löwenanteil des investierten Kapitals nach Berlin: Startups aus der Hauptstadt erhielten im vergangenen Jahr bei 262 Finanzierungsrunden insgesamt 3,7 Milliarden Euro – ein Anstieg um 41 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Noch stärker legten die Investitionen in Bayern zu: um 93 Prozent auf 1,55 Milliarden Euro. Für das starke Plus war vor allem der Mobilitätsanbieter FlixMobility verantwortlich, der laut Medienberichten 500 Millionen Euro erhielt – die größte je an ein deutsches Start-up geflossene Summe.
Ebenfalls mehr Geld als im Vorjahreszeitraum erhielten nordrhein-westfälische Jungunternehmen (plus zehn Prozent auf 268 Millionen Euro) und Start-ups aus Baden-Württemberg, wo sich das Investitionsvolumen auf 209 Millionen Euro fast verdreifachte. Sinkende Zuflüsse verzeichneten hingegen die Standorte Hamburg (minus 54 Prozent auf 254 Millionen Euro) und Hessen (minus 44 Prozent auf 73 Millionen Euro). Immerhin: An allen sechs Top-Standorten in Deutschland wurden mehr Finanzierungsrunden gezählt als im Vorjahr. Das stärkste Wachstum zeigte hier Nordrhein-Westfalen, wo die Zahl der Deals um 45 Prozent auf 87 stieg.
Das sind Ergebnisse des Start-up-Barometers der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young). Berücksichtigt wurden Unternehmen, deren Gründung höchstens zehn Jahre zurückliegt.
Frisches Kapital für deutsche Start-ups im Jahr 2019
6,2 Milliarden
Erfreulich sei zudem, dass die Zahl der Finanzierungsrunden insgesamt signifikant gestiegen sei, so dass insgesamt deutlich mehr Jungunternehmen frisches Geld erhielten, so Lennartz. Dabei wurden vor allem mehr kleine frühphasige Investitionsrunden im Volumen von maximal fünf Millionen Euro registriert, deren Zahl um 27 Prozent auf 541 stieg. Rückläufig waren hingegen mittelgroße Investitionen zwischen 10 und 50 Millionen Euro – ihre Zahl sank um 14 Prozent von 81 auf 70.
„Es ist sehr viel und ausreichend Liquidität im Markt – mit weiterhin stark ansteigender Tendenz. Finanzstarke und überwiegend international tätige Investoren aus den USA, Großbritannien sowie Asien sind insbesondere an sehr großen Transaktionen interessiert, auch weil die Bewertungen in Europa im Vergleich zum Silicon Valley noch relativ günstig sind“, sagt Lennartz. Auch deutsche Risikokapitalgeber betreiben intensives Fundraising und legen neue Fonds auf. Aber Lennartz betont: „Um die ersten, kleineren Runden von überwiegend deutschen Kapitalgebern finanziert zu bekommen, müssen die jungen Unternehmen von Anfang an ein Geschäftsmodell betreiben, das potenziell auch international erfolgreich sein kann. Anschließend können sie mit internationalen Geldgebern in die großen Runden gehen.“
Um die Finanzierung von Startups weiter zu fördern, plant die Bundesregierung einen „Zukunftsfonds“, der mehr Kapital in die deutsche Startup-Szene leiten soll. Lennartz unterstützt eine derartige Initiative, weil sie ein starkes Zeichen für Innovationen am Zukunftsstandort Deutschland setze: „Frankreich ist vorangegangen und hat gezeigt, welche Dynamik entfacht werden kann, wenn der Staat sich aktiver einbringt und eine breite Unterstützung für die innovative und digitale Startup-Szene mobilisiert.“
„Gerade in Zeiten von sich anbahnenden Krisen in wichtigen Bereichen der produzierenden Industrie Deutschlands kommt der Digitalwirtschaft eine steigende Bedeutung als Jobmotor zu“, ergänzt Hubert Barth. „Bereits heute ist der Rückenwind in diesem Bereich so groß, dass es mehr Stellen als passende Bewerber gibt. Die Bundesregierung ist daher gut beraten, die Digitalwirtschaft nicht nur finanziell zu unterstützen, sondern auch mit weiteren Steuer- und bildungspolitischen Maßnahmen.“
FinTech und Mobility laufen E-Commerce den Rang ab
Die Dominanz von E-Commerce-Geschäftsmodellen wurde im Jahr 2019 endgültig gebrochen: Das meiste Geld floss mit 1,6 Milliarden Euro an junge Mobilitätsanbieter – vor allem aufgrund der beiden Mega-Finanzierungsrunden für FlixMobility und GetYourGuide. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das fast einer Vervierachung. Im Branchenranking belegen FinTechs und Software-Unternehmen mit 1,3 bzw 1,2 Milliarden Euro die Plätze zwei und drei. Das FinTech-Segment legte bei der Finanzierungssumme um 95 Prozent zu, die Zahl der Finanzierungsrunden stieg um 24 Prozent auf 67. Software-Startups verzeichneten ein um 82 Prozent gestiegenes Finanzierungsvolumen, während die Zahl der Finanzierungen um 53 Prozent auf 221 stieg. E-Commerce folgt mit 730 Millionen Euro erst auf dem vierten Rang – im Vergleich zum Vorjahr ging die Finanzierungssumme um 56 Prozent zurück, die Zahl der Finanzierungsrunden stieg hingegen nur um vier Prozent.
Unterm Strich habe sich die Startup Szene damit im vergangenen Jahr weiter ausdifferenziert, während sich auch der Fokus der Investoren verändert habe, beobachtet Lennartz: „Wir sehen ein steigendes Interesse gerade an hoch innovativen Technologie-Geschäftsmodellen. SaaS (Software as a Service), Analytics und KI sind groß im Kommen und profitieren aktuell von hohen Bewertungen. E-Commerce tritt zwar etwas in den Hintergrund, bleibt aber ein wichtiges und starkes Segment. Im Bereich FinTech wird sich im Jahr 2020 vermutlich eine Konsolidierung ergeben aufgrund des Überangebotes an Anbietern.“
Knapp 60 Prozent des Kapitals fließen nach Berlin
Die beiden mit Abstand größten Deals des vergangenen Jahres waren die 500-Millionen für das Münchener Start-up FlixMobility und die 428-Millionen-Euro-Finanzierung für das Berliner Reise-Start-up GetYourGuide. Auf dem dritten Platz folgt mit einem Investitionsvolumen von 361 Millionen Euro die Berliner Gebrauchtwagenplattform Frontier Car Group.
Von den zwanzig größten Investitionsrunden gingen im vergangenen Jahr 13 an Unternehmen mit Sitz in Berlin, vier gingen an Münchner Unternehmen. „Berlin dominiert nach wie vor die Startup-Szene und wird auch weiterhin der international bedeutendste deutsche Leuchtturm bleiben“, stellt Lennartz fest. „Aber Bayern mit dem Zentrum München hat in den vergangenen Jahren aufgrund seiner hervorragenden Qualitäten im Bereich High Tech stark aufgeholt und etabliert sich als zweiter, auch international anerkannter deutscher Startup Standort.“
Über EY:
EY* ist eine der großen deutschen Prüfungs-und Beratungsorganisationen. In der Steuerberatung ist EY deutscher Marktführer. EY beschäftigt mehr als 11.100 Mitarbeiter an 20 Standorten und erzielte im Geschäftsjahr 2018/2019 einen Gesamtumsatz von 2,1 Milliarden Euro. Gemeinsam mit den mehr als 284.000 Mitarbeitern der internationalen EY-Organisation betreut EY Mandanten überall auf der Welt.
EY bietet sowohl großen als auch mittelständischen Unternehmen ein umfangreiches Portfolio von Dienstleistungen an: Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Rechtsberatung, Strategy and Transactions, Advisory Services und Immobilienberatung.
*Der Name EY bezieht sich in diesem Profil auf alle deutschen Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited (EYG), einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach englischem Recht. Jedes EYG Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständig und unabhängig und haftet nicht für das Handeln und Unterlassen der jeweils anderen Mitgliedsunternehmen.
internationale EY-Organisation, 14.01.2021, Foto: Startups: Mehr Finanzierungsrunden, weniger Geld in 2020 © EY STARTUP-BAROMETER 2021