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Die Gehorsamsfalle

Veröffentlicht von PSM.Media

Die Regierung wird uns aus dem Corona-Unterdrückungsregime niemals freiwillig entlassen ― wenn wir das verstanden haben, fassen wir Mut zum Widerstand

Als am 19. Januar dieses Jahres das demokratisch nicht legitimierte Gremium aus Bundeskanzlerin Angel Merkel und den sechzehn Ministerpräsidenten der Bundesländer im „Kampf gegen das Corona-Virus“ mal wieder eine Verlängerung des Lockdowns und eine Verschärfung der „Corona-Maßnahmen“ verkündete, erlebte ich einen Moment besondere Art. Es war einer jener Augenblicke, in denen mir die Wahrheit einer Situation schonungslos entgegentritt.

Das Ende einer Illusion

Bisher hatte ich immer noch ein wenig gehofft, die Bundesregierung könnte doch noch zur Vernunft kommen und zu demokratischen Verhältnissen zurückfinden. Aber in diesem Moment wusste ich: Die staatliche Repressionsmaschinerie wird weiterlaufen, wenn wir sie nicht „von unten“ stoppen.

Hier war etwas in Gang gesetzt worden, das der Psychiater und Psychoanalytiker Hans-Joachim Maaz klarsichtig einen „Krieg der Regierenden gegen die Bevölkerung“ nennt. „In dem Moment, in dem die Pandemie zu einer Panikdemie verwandelt wurde“, schreibt Maaz, „entsteht eine nahezu perfide Situation, in der die Zerstörung sozialer, kultureller und wirtschaftlicher Verhältnisse von den betroffenen Kriegsopfern selbst vollzogen werden muss. Und Kriegsgegner werden wie bei allen Kriegen verfolgt und bestraft. Vom ‚Covidiot‘ zum ‚Gefährder‘ und ‚Bedroher‘ und schließlich zum ‚Deserteur‘ ist es nur ein kurzer Weg“ (1).

Diese Erkenntnis war erschreckend und befreiend zugleich. Sie war erschreckend, weil ich plötzlich in einen Abgrund schaute, dessen Ausmaß ich mir nicht auszumalen wagte. Sie war befreiend, weil es gut ist, ent täuscht zu werden und der Realität ins Auge zu sehen. Auch ist es für jede Abwehr- oder Gegenstrategie entscheidend, seinen Gegner richtig einzuschätzen.

Sich die eigene Selbstentmündigung eingestehen

Die neuen Maßnahmen der Regierung sahen auch eine Verschärfung der „Maskenpflicht“ vor. Geschäfte und öffentliche Verkehrsmittel sollten nur noch mit „medizinischen Masken“ oder mit Masken nach FFP2-Standard betreten werden. Durch keine der bisherigen behördlichen Anordnungen fühle ich mich in meiner menschlichen Integrität so sehr verletzt wie durch den Zwang, Masken zu tragen. Die Gründe dafür sind vielfältig (2). Meine spontane Reaktion war deshalb: „Hier mache ich nicht mehr mit. Diese Masken werde ich nicht tragen!“

Doch dieser Zustand der Entschlossenheit hielt nicht lange an. Mit der gleichen Heftigkeit, mit der ich gerade noch der Übergriffigkeit der Regierung entgegentreten wollte, regte sich nun eine Gegenkraft in mir. Sie zog mich hinein in einen Zustand von Angst, Mutlosigkeit und Resignation. So wie bei einem Gummiband: Wenn man es spannt und wieder loslässt, dann schnellt es mit der gleichen Kraft in die Ausgangsposition zurück, mit der man es auseinandergezogen hat.

Ich hatte mich bisher für relativ widerständig gehalten mit meinen Stoffmasken, auf denen „entmündigt“ oder „Ich steh‘ auf Grundgesetz“ zu lesen war. Jetzt aber wurde mir klar: Es war nur ein fauler Kompromiss, den ich damit eingegangen war. In Wirklichkeit war ich nicht bereit, den Konflikt zwischen meiner innersten Überzeugung und den Ansprüchen eines autoritär auftretenden Staates aushalten und auszutragen. Diese Erkenntnis war schmerzhaft, denn sie ging mit einer Kränkung meines Selbstbildes einher. Und sie erzeugte Scham.

Woher kommen diese Autoritätsangst und diese Unfähigkeit, für meine Rechte und Bedürfnisse einzustehen? Die Gründe dafür, so wurde mir klar, können nicht nur in meiner persönlichen Biografie liegen; sondern müssen tiefere Wurzeln haben.

Ich kann erst wissen, wer ich bin, wenn ich weiß, woher ich komme.

Ich bin ja nicht nur eingebunden in eine persönliche Lebens- und Familiengeschichte, ich habe auch teil an einem kollektiven Erbe. Gerade als Deutsche trage ich schwer an einer langen autoritären geschichtlichen Tradition und einer viel zu wenig aufgearbeiteten zwölf Jahre dauernden Diktatur.

So beschreibt Heinrich Mann (1871 bis 1950) in seinem Roman Der Untertan dann auch den Grundtypus des Deutschen im Kaiserreich als einen Mitläufer, der unfähig ist zu eigenständigem Denken und sich nur zu bereitwillig an vorgegebene gesellschaftliche Normen und Erwartungen anpasst (3).

Dieser sprichwörtliche preußische Gehorsam geht zurück auf den absolutistisch regierenden König Friedrich Wilhelm I. von Preußen (1713 bis 1740), der von seinen Beamten Gefolgschaft bis zur Selbstaufgabe verlangte (4). Diese Gehorsamspflicht wurde bald zum Vorbild für die ganze preußische Nation.

Schwarze Pädagogik

Den Erziehungsstil, mit dem die preußische Gesellschaft ihre Kinder und Jugendliche auf Tugenden wie Ordnung, Fleiß, Pünktlichkeit und blinden Gehorsam hin abrichten wollte, hat die Schriftstellerin Katharina Rutschky (1941 bis 2010) Schwarze Pädagogik genannt.

Schwarze Pädagogik steht für eine Erziehung, die darauf ausgerichtet ist, den Willen des Kindes zu brechen und durch Machtausübung in Form von Manipulation und Erpressung, Strafen und Belohnen aus ihm einen gehorsamen Untertanen zu machen (5).

Um unser heutiges Bildungssystem zu verstehen, ist es wichtig zu wissen, dass es ausgerechnet der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. war, der die allgemeine Schulpflicht einführte und damit den Grundstein für unser staatliches Schulsystem legte. Die Wirkungsgeschichte dieser auf Gehorsam und Untertanengeist angelegten Erziehung setzt sich bis in unsere Tage fort.

Autoritäre Charaktere ermöglichen eine autoritäre Gesellschaft

In den Dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts ging der Psychoanalytiker und Sozialpsychologe Erich Fromm (1900 bis 1980) der Frage nach, wie es dazu kommen konnte, dass sich die Arbeiter so massenhaft dem Nationalsozialismus anschlossen und nicht wie es ihrer Klassenlage entsprochen hätte, zu Akteuren des Widerstandes wurden. Die Ursache dafür, so fand er heraus, war die autoritäre Erziehung in den Arbeiterfamilien und ihre durch Angsterzeugung erzwungene Gehorsamsbereitschaft. Die Herausbildung einer autoritären Charakterstruktur in der Bevölkerung, so Fromm, wurde zur Grundlage für ein totalitäres Herrschaftssystem (6).

Von der Unfähigkeit zu trauern

Erstaunlich schnell vollzogen die Westdeutschen dann auch nach dem Ende der Nazidiktatur den Wandel hin zu demokratischen Strukturen. „Gestern noch Hitler bis zum grausigen Ende folgsam, präsentieren sie sich bald darauf als geistige Halbamerikaner, die verständnislos auf ihr Gestern zurückblickten, als seien sie dies gar nicht selbst gewesen“ (7). Es passte den Siegern gut ins Konzept, in den Besiegten eifrige Musterschüler vorzufinden, die brav alles taten, um sich als „verlässliche Partner“ im Bündnis gegen den „neuen Feind im Osten“ zu erweisen. So wirkten Gehorsamsbereitschaft und Untertanengeist in der Adenauer-Ära weiter.

In den 1960er-Jahren forschte das Psychoanalytiker-Ehepaar Alexander und Margarete Mitscherlich zu der Frage, wie es nach dem Zweiten Weltkrieg zu der massenhaften Verleugnung und Verdrängung der nationalsozialistischen Vergangenheit kommen konnte. Die Antwort lautete: Die Deutschen waren in ihrer großen Mehrheit nicht in der Lage, Schuld einzugestehen und Reue zu zeigen. Sie waren auch nicht bereit, erlittene Verluste zu betrauern und da, wo sie ihr Gesicht verloren hatten, Scham zu empfinden (8).

„Die Deutschen müssen erst noch lernen, dass sie sich nicht nur für ihre Befehle, sondern auch für ihren Gehorsam verantworten müssen“ (Ralph Giordano).

Die Ausschaltung des eigenen Gewissens und die daraus folgende Hörigkeit gegenüber Autoritäten, so der Psychoanalytiker und Friedensaktivist Horst-Eberhard Richter (1923 bis 2011), ist ein Automatismus, der schon in der Kindheit angelegt wird.

„Gelernt wird, Gewissensangst in Strafangst zu verwandeln. Innerlich gefühlte moralische Skrupel werden unterdrückt, wenn sie mit äußeren Vorschriften von Autoritäten kollidieren (…) Es vollzieht sich damit eine Externalisierung des Gewissens“ (9).

Die moralischen Wertvorstellungen, so Richter, verschwinden dabei nicht, sondern werden umgewandelt und ersetzt durch fremde, von außen auferlegte Werte.

Wenn der Nutzen von Masken bei Virusinfektionen wissenschaftlich nicht bewiesen ist, es aber zahlreiche Evidenzen für die Schädlichkeit des Maskentragens gibt, dann sagt mir mein Gewissen: „Setze keine Maske auf!“ Gleichzeitig macht mir die Regierung ein verführerisches Angebot: „Trage die Maske als Zeichen der Solidarität! Damit zeigst du, dass du auf der Seite der Guten stehst und andere schützen willst. Außerdem kriegst du dann keinen Ärger.“ Wofür entscheide ich mich?

Gefangen im Double Bind

Seit dem März vorigen Jahres hat ein sich fürsorglich gebender Staat, ohne uns zu fragen, die Vormundschaft für uns übernommen.

Der Anthropologe und Bildungsphilosoph Matthias Burchardt nennt diese Situation ein Abhängigkeitsverhältnis mit Double-Bind-Kommunikation (10).

Von Double-Bind-Kommunikation spricht man, wenn auf unterschiedlichen Kommunikationsebenen gleichzeitig zwei sich widersprechende Botschaften vermitteln werden (11). Ein Beispiel: Eine Mutter sagt mit versteinerter Miene zu ihrem Kind: „Du bist das Beste, was ich habe.“ Die Botschaft, die die Mutter auf der Inhaltsebene sendet, wird auf der Beziehungsebene konterkariert durch ihren körperlichen Ausdruck.

Oder: „Mutti schlägt dich doch nur, weil sie dich so lieb hat.“ Auch hier hört das Kind, dass es geliebt wird, spürt die Liebe aber nicht. Im Gegenteil: Die Liebe fühlt sich wie eine Bestrafung an. Was soll das Kind glauben? Double-Bind-Kommunikation erzeugt beim Empfänger Verwirrung, Unsicherheit, und Stress. Und sie macht krank, wenn sie über eine längere Zeit aufrechterhalten wird. Doppelbindungen können auch bewusst als Manipulationsinstrument eingesetzt werden, um Menschen zu beherrschen und zu lenken.

Fürsorge, die sich wie Erpressung anfühlt

Wie das Kind, das von seiner Mutter abhängig ist, sitzen auch wir nun in einer Abhängigkeitsfalle. Konstruiert wurde diese Situation vonseiten der Regierung mithilfe eines ungeklärten Rechtsbegriffs, der pandemischen Lage von nationaler Tragweite, und eines von der Weltgesundheitsorganisation zurechtgestutzten Pandemiebegriffs (12).

So verordnet uns die Regierung nun Maßnahmen wie Isolation, Arbeitsverbote, Ausgangssperren, Reiseverbote und Ähnliches mehr und sagt, sie wolle damit unsere Gesundheit schützen. Wir aber stellen fest: Diese Maßnahmen machen uns krank und ruinieren unser Leben.

Wenn die sich fürsorglich gebende „Mutti der Nation“ verlautbart, es gäbe bei „geringer Durchimpfung“ der Bevölkerung keine neuen Freiheiten, dann klingt das in meinen Ohren wie Erpressung (13).

Und wenn sie dann einen Tag später im öffentlich-rechtlichen Fernsehen mit einem milden Lächeln den indirekten Impfzwang verkündet, dann schrillen bei mir die Alarmglocken (14). Denn es werden Erinnerungen an längst überwunden geglaubte Zeiten und an Methoden der Schwarzen Pädagogik wach. Offensichtlich entpuppt sich hier die Kanzlerin eines demokratischen Rechtsstaates als Feudalherrin, die nach der Devise handelt: „Wenn das Volk sich nicht fügt und nicht gehorcht, dann werden wir es zwingen.“

„Wer die Gegenwart nicht nutzt, hat aus der Vergangenheit nichts gelernt.“ (Fred Ammon)

Wir, die wir als Nachkriegsgeneration unsere Väter und Mütter oder unsere Großeltern nach ihrem Leben im Hitlerdeutschland und ihrer Einstellung zum Nationalsozialismus gefragt haben, müssen uns nun selbst fragen. Wer wollen wir sein, in diesem zunehmend repressiver werdenden Staat? Welche Rolle wollen wir spielen? Wie können wir die Gegenwart nutzen, um aus der Vergangenheit zu lernen?

  • Zuallererst sollten wir gnädig mit uns umgehen, wenn wir nicht unseren eigenen, vielleicht zu hoch gesteckten Erwartungen entsprechen. Denn wir tragen ein autoritäres Erbe auf unseren Schultern, das nicht ganz einfach abzuschütteln ist.
  • Wir können verstehen lernen, warum es nicht so leicht ist, mutig zu sein, wenn Strafen drohen. Dazu bedarf es jedoch einer schonungslosen Ehrlichkeit uns selbst gegenüber. Einer Ehrlichkeit, die nicht verurteilt und die nicht schuldig spricht, die nur verstehen will, woher die Angst kommt, die uns zur Anpassung zwingt. Der erste Schritt hin zu größerer Freiheit ist damit schon getan.
  • Wir können die vielen kleinen Gelegenheiten nutzen, die uns das Leben schenkt, um zuzuhören, zu verstehen, zu ermutigen oder auch kritisch nachzufragen.
  • Wir können in die Tiefe wachsen und klarer sehen lernen, dass wir mehr sind als ein begrenztes, konditioniertes Ich. Wir haben Zugang zu den tiefen Quellen einer absoluten Wirklichkeit. Hier liegt der Schatz, den es zu heben gilt. Von hierher fließen uns die Ideen und Kräfte zu, die wir brauchen in diesem ungleichen Kampf zwischen David und den Goliaths dieser Welt.
  • Auch gibt es noch einen unsichtbaren Verbündeten, der uns nur wenig bewusst ist. Es ist das dialektische Gesetz der Komplementarität. Danach sind alle Erscheinungen wechselseitig aufeinander bezogen. Sie stehen in einer polaren Spannung zueinander und ermöglichen sich gegenseitig (15). „Wo viel Licht ist“, sagt der Volksmund, „ist auch viel Schatten.“ Wo der Schatten von Machtmissbrauch und repressiver Gewalt auftaucht, da drängen gleichzeitig die Kräfte des Humanen ans Licht. Werden wir Teil dieser Kräfte, verstärken wir sie und lassen wir daraus eine riesige Welle entstehen, die die Unterdrückung wegspült!
  • Und nutzen wir unseren Verstand, um der Wahrheit immer wieder neu auf den Grund zu gehen!

Denn der größte Feind eines autoritären Staates, so der niederländische Arzt und Psychoanalytiker Joost Meerloo (1903 bis 1976), ist das freie Denken wissbegieriger, authentischer Menschen, die sich ihres eigenen Verstandes bedienen und ihre Lebendigkeit in vollen Zügen leben (16).

Redaktionelle Anmerkung: Dieser Artikel erschien am 06. März 2021 unter dem Titel: “Die Gehorsamsfalle” bei Rubikon

Über die Autorin Margit Geilenbrügge

Sie ist Diplompädagogin und politische Aktivistin. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die Integrale Erwachsenen-Entwicklung nach Ken Wilber. Ihr besonderes Interesse liegt in der Entwicklung einer befreienden Pädagogik für das 21. Jahrhundert. Weitere Informationen unter www.integrales-atelier.de.

 

Initiative zur Demokratisierung der Meinungsbildung gGmbH/Margit Geilenbrügge, 08.03.2021, Foto: Systembild für Die Gehorsamsfalle © Bernd