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Israel droht Hamas-Spitze mit Tod

Veröffentlicht von PSM.Media

Israels Militär droht Führungsriege der Hamas mit gezielter Tötung

Gaza. Israels Militär hat der Führungsriege der im Gazastreifen herrschenden Palästinenserorganisation Hamas mit gezielter Tötung gedroht.

Armeesprecher Hidai Zilberman sagte dem israelischen Fernsehen am Samstagabend, man werde in der Nacht weiter wichtige Einrichtungen der Hamas und des Islamischen Dschihads überall im Gazastreifen angreifen. Dies gelte auch für die höchste Führungsriege der Hamas.

“Jeder Terrorist in  Gaza weiß heute, dass er sich nirgends verstecken kann, nicht über der Erde – und nach dem Angriff auf die Metro – auch nicht unter der Erde”, sagte Zilberman. “Wir wollen viele Erfolge anhäufen”, sagte der Armeesprecher zu den Zielen der Operation. Die Bilanz der Angriffe werde bestimmen, “wie lange danach Ruhe herrscht, ob die Hamas danach fünfmal, 50 Mal oder 500 Mal nachdenkt, bevor sie Raketen in Richtung Jerusalem schießt”.

Israels Militäreinsatz wird nach Worten des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu “so lange wie nötig weitergehen”. Netanjahu sagte am Samstagabend, man müsse zunächst die Infrastruktur der islamistischen Hamas zerstören. “Uns stehen noch schwere Tage bevor, aber wir werden sie gemeinsam durchstehen und siegen”, sagte der 71-Jährige.

In der Vergangenheit hatte Israel immer wieder gezielt militante Palästinenser getötet, darunter auch Führungsmitglieder der Hamas. 2004 etwa den geistlichen Führer und Gründer der Organisation, Scheich Ahmed Jassin, und einen seiner Nachfolger, Abdel Asis Rantisi. Im aktuellen Konflikt sollen es nach israelischen Angaben bereits mindestens zehn ranghohe Kommandeure sein, die getötet wurden.

Am Samstag bombardierte Israels Luftwaffe nach eigenen Angaben das Haus des ranghohen Führers Chalil al-Haja, Vize-Chef des Hamas-Politbüros. Das Haus habe als “Terror-Infrastruktur” gedient, teilte die israelische Armee am Samstag bei Twitter mit. Die Arme veröffentlichte ein Video des Angriffs. Nach palästinensischen Angaben hielt Al-Haja sich aber zur Zeit des Angriffs nicht in dem Haus auf. Die Luftwaffe habe die Häuser von Raed Saad, Hamas-Chef für Spezialeinsätze, sowie zweier Hamas-Kommandeure in Chan Junis im Süden und Dir el-Balach im mittleren Abschnitt des Gazastreifens beschossen, teilte die Armee am späten Samstagabend mit.

Nach dem Gaza-Krieg 2014 hatte das Militär im Rahmen einer Waffenruhe diese Praxis jedoch weitgehend unterlassen. Im November 2019 hatte Israel dann gezielt den Militärchef des Islamischen Dschihads in Gaza getötet, Baha Abu Al Ata. Daraufhin hatten militante Palästinenser zahlreiche Raketen auf Israel abgefeuert, Israels Luftwaffe griff massiv Ziele im Gazastreifen an. Unter Vermittlung Ägyptens und der Vereinten Nationen konnte jedoch eine Waffenruhe erzielt werden.

Iran mischt sich ein

Ein Sprecher des militärischen Hamas-Arms drohte, seine Organisation werde von Mitternacht an erneut Raketen auf Tel Aviv feuern. Tatsächlich wurde gegen Mitternacht erneut Raketenalarm in Israel ausgelöst. Hamas-Chef Ismail Hanijeh sagte vor einer Menschenmenge in seinem Exil, Katars Hauptstadt Doha, die Schlacht, der Krieg und der Aufstand trügen den Namen “Jerusalem”.

Unterstützung kommt unterdessen aus Iran. In einem Telefonat mit dem Hamas-Chef Ismail Hanija sicherte der Kommandeur der Al-Kuds Brigade der iranischen Revolutionsgarden, General Ismaeil Ghani, am Samstag uneingeschränkte Unterstützung zu, wie iranische Staatsmedien berichteten. Hanija bedankte sich seinerseits für die Unterstützung Irans und sagte, dass der Kampf gegen Israel nicht einer der Hamas, sondern der gesamten islamischen Welt sei.

Die sunnitische Hamas ist unter anderem von der EU als Terrororganisation eingestuft und herrscht im Gazastreifen. In Iran leben überwiegend Schiiten. Die Führung in Teheran betrachtet Israel jedoch als seinen Erzfeind und unterstützt anti-israelische Widerstandsgruppen, darunter eben auch die Hamas und Islamischer Dschihad im Gazastreifen sowie die Hisbollah-Miliz in Südlibanon.

Die gesamte iranische Führung hatte diese Woche “die brutalen und grausamen Verbrechen” Israels an den Palästinensern aufs Schärfste verurteilt. Dennoch hält sich der Iran in dem jüngsten Konflikt eher zurück. Ein Grund sind laut Beobachtern die Atomverhandlungen, die Teheran nicht gefährden wolle. Zuvor hatte der iranische Außenminister jedoch kurzfristig einen für Samstag geplanten Besuch in Österreich abgesagt, nachdem die Regierung in Wien die israelische Flagge auf ihren Gebäuden gehisst hatte. Hauptthema des Treffens wären die in Wien laufenden Verhandlungen zur Erneuerung der Atomvereinbarung mit Iran von 2015 gewesen.

Auch bei Protesten im Südlibanon an der Grenze zu Israel kam es jetzt zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und israelischen Sicherheitskräften. Diese feuerten Augenzeugen zufolge Tränengas auf mehrere Menschen, die sich dem Grenzzaun näherten. Truppen der libanesischen Armee versuchten ebenfalls, die Demonstranten vom Zaun zu vertreiben. Zu den Protesten erschienen Palästinenser und Anhänger der libanesischen Hisbollah. Am Freitag war an der Grenze mindestens ein Demonstrant durch israelisches Panzerfeuer tödlich verletzt worden. Der 21-Jährige gelangte mit weiteren Demonstranten über den Zaun auf israelisches Gebiet. Über einen zweiten Toten gibt es unstimmige Aussagen.

Pro-palästinensische Proteste schlagen in Gewalt um

Der Nahostkonflikt findet auch in Berlin und in anderen deutschen Städten ein Echo. Zunächst friedliche Demonstrationen schlagen in Gewalt um. Auch in anderen Ländern gibt es Proteste. Bei einer pro-palästinensischen Demonstration in Berlin mit nach Polizeiangaben rund 3500 Teilnehmern ist es am Samstag zu massiven Ausschreitungen gekommen. Dabei habe es mehrere Verletzte und Festnahmen gegeben, sagte ein Polizeisprecher. Zahlen dazu nannte er nicht. Aus den Reihen der Demonstranten, die sich vor dem Hintergrund der Gewalteskalation zwischen Israel und der Hamas zum Protest versammelt hatten, flogen Flaschen, Steine, Bauschilder und Feuerwerkskörper gegen die Sicherheitskräfte. Teilnehmer schlugen auf Polizisten ein, die Polizei antwortete unter anderem mit Pfefferspray.

Zuvor hatte die Polizei die Versammlung in der Nähe des Hermannplatzes wegen des Verstoßes gegen die Corona-Hygieneregeln für aufgelöst erklärt. Da die Teilnehmer den deutschen und arabischen Lautsprecheransagen nicht folgten, schritten die Beamten auf der Sonnenallee ein. Aus der Demonstration wurden Rufe wie “Kindermörder Israel”, “Frauenmörder Israel” und “Free Palestine” laut. Gefordert wurde auch “ein freies Palästina, vom Jordan bis zum Mittelmeer”, also auf dem heutigen Staatsgebiet Israels.

Insgesamt waren am Samstag drei pro-palästinensische Demonstrationen angemeldet. Am Nachmittag zogen nach Polizeiangaben rund 2500 Menschen vom Oranienplatz zum Hermannplatz. Eine Demonstration mit rund 120 Teilnehmern am Mittag vom Hermannplatz zum Rathaus Neukölln war friedlich verlaufen. Im Laufe des Nachmittags verstärkte die Polizei ihre Einsatzkräfte von 360 auf 600 Beamte.

Vor dem Hintergrund des eskalierenden Konflikts zwischen Israel und der Hamas forderten die Demonstranten “Freiheit für Palästina” und erinnerten an die “Nakba” (deutsch: Katastrophe). Am 15. Mai gedenken die Palästinenser damit der Vertreibung und Flucht Hunderttausender im Zuge der israelischen Staatsgründung 1948.

Auch in Mannheim wurden Polizisten mit Steinen beworfen, nachdem die Versammlungsbehörde die Veranstaltung untersagt hatte. In Frankfurt demonstrierten laut Polizei rund 2500 Menschen für ein freies Palästina. Erst kurz zuvor hatte das Verwaltungsgericht das am Freitag beschlossene Demonstrationsverbot der Stadt aufgehoben. Viele Teilnehmer kamen mit palästinensischen Fahnen. Größere Zwischenfälle blieben aus, so ein Polizeisprecher. Die Polizei löste die Versammlung um 18 Uhr auf, da es den Angaben zufolge Verstöße gegen die Auflagen gegeben hatte.

Auch in Hamburg wurde eine Demonstration aufgelöst. Die Stimmung unter den 400 bis 500 Teilnehmern sei hoch emotionalisiert gewesen, sagte ein Sprecher der Polizei. In Köln demonstrierten laut Polizei rund 800 Menschen gegen Israel und für Palästina. Sie schwenkten palästinensische Flaggen und Schilder mit Aufschriften wie “Freiheit für Palästina” und “Stop the Genocide” (Stoppt den Genozid), aber auch “Gegen Zionisten – nicht gegen Juden”. In den meisten Städten verliefen die Demonstrationen friedlich.

Bei einer propalästinensischen Kundgebung in Stuttgart gab es tumultartige Szenen. Zunächst hatte ein Polizeisprecher gesagt, es habe keine Verletzten gegeben. Fotos vom Marienplatz zeigten jedoch, wie Menschen Demonstranten abwehrten und Polizisten Demo-Teilnehmer am Boden festhielten. Die Polizei kündigte für den Abend eine Mitteilung über den Verlauf an. Dann sollten auch Zahlen zu Verletzten, Festnahmen und etwaigen Straftaten feststehen. Es seien deutlich mehr Menschen als die angemeldeten 50 gekommen, zugleich habe es auch Gegendemonstranten gegeben, hatte der Sprecher gesagt. Auch in Freiburg sprach die Polizei von teils aufgeheizter Stimmung bei einer ebenfalls von der Initiative “Palästina spricht” organisierten Kundgebung mit bis zu 600 Teilnehmern. Dort wurden auch Transparente mit provozierendem – aber nicht strafrechtlich relevantem – Inhalt gezeigt.

Bis zu 800 Menschen sind in Osnabrück bei einer “Pro-Palästina”-Demonstration auf die Straße gegangen. Unter dem Titel “Vertreibung der Palästinenser aus Ost-Jerusalem Scheich Jarrah” sammelten sich die Teilnehmer vor dem Hauptbahnhof und zogen dann durch die Stadt, wie die Polizei am Samstag mitteilte. In den meisten Städten verliefen die Demonstrationen friedlich.

Muslimische Verbände distanzieren sich von Angriffen auf Synagogen

In den vergangenen Tagen hatte es in mehreren Städten in Deutschland antisemitische und anti-israelische Demonstrationen gegeben. Dabei wurden Israel-Flaggen angezündet, in Gelsenkirchen marschierten 180 Menschen vom Bahnhofsvorplatz in Richtung Synagoge und skandierten antisemitische Parolen.

Politiker und Vertreter religiöser Gemeinden verurteilten Angriffe auf Synagogen und die anti-jüdischen Parolen scharf. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht rief dazu auf, sich an die Seite Israels zu stellen. “Wir alle sind aufgefordert, klare Position zu beziehen, wenn Jüdinnen und Juden angegriffen werden – sei es im Netz oder im realen Leben”, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Auch Vertreter von muslimischen Gemeinden fanden am Samstag deutliche Worte. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, verurteilte die jüngste Gewalt gegen Synagogen. “Wer unter dem Vorwand von Kritik an Israel Synagogen und Juden angreift, hat jedes Recht auf Solidarität verwirkt”, erklärte er in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Die “widerlichen Attacken auf unsere jüdischen Mitbürger” in den letzten Tagen verurteile er entschieden. “Wer Rassismus beklagt, selbst aber antisemitischen Hass verbreitet, verliert alle Glaubwürdigkeit und muss mit meinem entschiedenen Widerstand rechnen”, schrieb Mazyek.

Zuvor hatte bereits der Vorsitzende des Bundeszuwanderungs- und Integrationsrats (BZI), Memet Kilic, den offenen Antisemitismus scharf kritisiert. Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit, die in Deutschland garantiert sei, sei kein “Freiticket für antisemitische Hassrede und Gewalt”, sagte Kilic. Gleichzeitig wies Kilic darauf hin, dass im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt auch die Stimmung gegenüber Muslimen und Migranten “rauer und rücksichtloser” geworden sei. Der Nahost-Konflikt dürfe keinen “Alibi-Raum für gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Übergriffe” auf Migrantinnen und Migranten bieten, warnte er und appellierte an alle Seiten, demokratische Grundwerte zu wahren.

 

DPA/Presse.Online, Foto: Katar, Doha: Der Chef des politischen Büros der Hamas, Ismail Hanija, während einer Solidaritätskundgebung © dpa