Die Lage in Afghanistan bleibt dramatisch
Die Rettung von Menschen vor den Taliban wird immer schwieriger, die Situation am Flughafen droht zu eskalieren. In mehreren Städten kommt es zu Protesten.
Bei einem Anschlag beim Flughafen von Kabul sind am Donnerstag zahlreiche Menschen getötet worden. Unter den Toten sind nach Angaben der US-Regierung 12 amerikanische Soldaten. Das sagte US-General Kenneth McKenzie, der das US-Zentralkommando Centcom führt, am Donnerstag in einer Videoschaltung mit Journalisten im Pentagon. 15 US-Soldaten seien verletzt worden.
Der Angriff sei von mindestens 2 Selbstmordattentätern ausgeführt worden, die dem „Islamischen Staat“ (IS) zugerechnet würden, sagt Frank McKenzie, Chef des für die Region zuständigen Central Command der USA. Nach den Detonationen hätten eine Reihe von IS-Kämpfern das Feuer auf Zivilisten und Soldaten eröffnet.
Es sei mit weiteren Anschlägen der Extremistengruppe zu rechnen. Die USA würden jedoch dessen ungeachtet den Evakuierungseinsatz zu Ende führen. In Afghanistan dürften sich noch etwa 1000 US-Bürger aufhalten, sagte McKenzie.
Insgesamt wurden zahlreiche Menschen bei dem Doppelanschlag getötet – die Taliban sprachen von 13 Todesopfern. Ersten Erkenntnissen nach gab es am Donnerstag 2 Explosionen in der Nähe des Flughafens. Eine ereignete sich an einem der Flughafentore, eine weitere bei einem nahegelegenen Hotel. Es gab Befürchtungen, dass die Zahl der Todesopfer noch signifikant ansteigt. Auf Videos waren Dutzende Opfer zu sehen.
Krisentreffen
UN-Generalsekretär António Guterres lud angesichts der chaotischen Situation und der angespannten Sicherheitslage in Afghanistan die Vetomächte zu einem Krisentreffen ein. Diplomatenkreisen zufolge sollen die Botschafter der USA, Chinas, Russlands, Großbritanniens und Frankreichs am Montag in New York mit dem UN-Chef zusammenkommen, um sich über die Lage auszutauschen.
Die US-Regierung ging davon aus, dass die Extremisten-Gruppe IS-Khorassan, der afghanische Ableger des Islamischen Staats, hinter dem Angriff am Kabuler Flughafen steckt.
Das sagte ein Insider, der mit Unterrichtungen des Kongresses vertraut war. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sagte, Terroristen hätten es auf Menschen abgesehen, die vor den Flughafentoren gewartet haben.
Ein Vertreter der Taliban verurteilte den Angriff am Flughafen. „Angriffe auf unschuldige Zivilisten sind Terrorakte“, sagt ein Vertreter der Islamisten dem türkischen TV-Sender Habertürk. Dass solche Angriffe stattfänden, liege an der Anwesenheit ausländischer Truppen.
Der gut vernetzte afghanische Journalist Bilal Sarwari schrieb auf Twitter, ein Selbstmordattentäter habe sich in einer großen Menschenmenge in die Luft gesprengt. Mindestens ein weiterer Angreifer habe danach das Feuer eröffnet. Sarwari berief sich auf mehrere Augenzeugen in dem Gebiet.
Deutschland, Italien, Großbritannien und die Türkei erklärten, es seien keine Soldaten aus ihren Ländern unter den Opfern. Es gebe keine Hinweise, dass bei dem Anschlag am Donnerstag Österreicher zu Schaden gekommen seien, teilte das Außenministerium der APA auf Anfrage mit.
DPA/Presse.Online, Foto: Die Lage am Kabuler Flughafen spitzt sich zu © Rahmat Gul/dpa