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Gedenken an Terroranschläge vom 11. September 2001

Veröffentlicht von PSM.Media

Im Beisein von US-Präsident Joe Biden hat New York am Samstag an die Opfer der Terroranschläge erinnert

Die Wunden sind noch nicht verheilt. 20 Jahre liegen die Terroranschläge vom 11. September 2001 zurück, Al-Kaida-Chef Osama bin Laden wurde vor zehn Jahren von US-Elitesoldaten erschossen, und wo einst das World Trade Center stand, ragt jetzt mit dem One World Trade Center ein neuer glitzernder Wolkenkratzer in die Höhe. Doch für viele Opferangehörige ist der Schmerz noch präsent: “Es fühlt sich an, als wäre es gerade erst passiert”, sagt Monica Iken-Murphy.

Sie hat ihren Ehemann bei den Anschlägen verloren. Am heutigen Samstag begehen die USA den 20. Jahrestag der Terroranschläge von 9/11, bei denen fast 3.000 Menschen getötet wurden.

 

 

Im Beisein von US-Präsident Joe Biden hat New York am Samstag an die Opfer der Terroranschläge vom 11. September 2001 erinnert. Um 8.46 Uhr (Ortszeit) begann eine Schweigeminute an dem Ground Zero genannten Anschlagsort im Süden Manhattans – genau zu der Zeit, an der islamistische Terroristen vor 20 Jahren das erste von vier entführten Flugzeugen in den Nordturm des World Trade Centers in New York gesteuert hatten.

Zur Trauerfeier an der heutigen Gedenkstätte kamen neben dem Präsidenten und First Lady Jill Biden auch zahlreiche Angehörige von Opfern sowie Überlebende. Auch die ehemaligen Präsidenten Barack Obama und Bill Clinton waren mit ihren Ehefrauen anwesend. Vor der Schweigeminute hatte ein Chor die US-Nationalhymne gesungen.

Geplant waren insgesamt sechs Schweigeminuten zur Erinnerung an die Einschläge von zwei Flugzeuge im World Trade Center, den Einsturz der beiden Türme, den Einschlag eines weiteren entführten Flugzeugs im US-Verteidigungsministerium vor den Toren von Washington und den Absturz einer vierten entführten Maschine in Shanksville im Bundesstaat Pennsylvania. Bei der Zeremonie sollten zudem die Namen der 2.977 Todesopfer verlesen werden.

Zum 20. Jahrestag der Anschläge rief Biden die USA zur nationalen Einheit auf. Das sei die größte Stärke der Vereinigten Staaten im Angesicht der Not, sagte er in einer vorab aufgezeichneten Ansprache. Biden würdigte die bei den Anschlägen Getöteten und Verletzten sowie die Feuerwehrleute, Krankenschwestern und vielen anderen Helfer, die bei Rettungseinsätzen ihr Leben riskiert und zum Teil auch verloren haben.

Biden verwies auf die “dunkleren Kräfte der menschlichen Natur – Angst und Wut, Ressentiments und Gewalt gegen muslimische Amerikaner, gegen wahre und treue Anhänger einer friedlichen Religion”. Dies habe die amerikanische Einheit gebeugt, aber nicht gebrochen. “Für mich ist dies die zentrale Lektion des 11. September, dass dann wenn wir am verletzlichsten sind, (…) im Kampf für die Seele Amerikas, die Einheit unsere größte Stärke ist”, sagte Biden. “Einheit bedeutet nicht, dass wir dasselbe glauben müssen. Wir müssen einen grundlegenden Respekt füreinander und Vertrauen zueinander und in diese Nation haben.”

Biden unterstrich: “Es ist so schwer. Ob im ersten oder im 20. Jahr.” Kinder seien ohne Eltern aufgewachsen, Eltern hätten ihre Kinder verloren und gelitten. In den Tagen nach den Anschlägen hätten viele Menschen großen Heldenmut bewiesen, sagte der Präsident. “Wir haben auch etwas gesehen, das es viel zu selten gibt: wahrhaftige nationale Einheit.”

Als Konsequenz aus den Anschlägen hatte der damalige US-Präsident George W. Bush 2001 den Militäreinsatz in Afghanistan befohlen. Die seinerzeit dort herrschenden radikal-islamischen Taliban hatten sich geweigert, die in Afghanistan vermuteten Drahtzieher der Attentate auszuliefern. Die Taliban wurden vertrieben. Al-Kaida-Chef Bin Laden wurde 2011 von US-Spezialkräften in Pakistan getötet. Dies hatte der damalige US-Präsident Barack Obama befohlen.

Dessen Amtsnachfolger Donald Trump ordnete den Abzug des US-Militärs aus Afghanistan bis Ende August dieses Jahres an. Dass Biden dies umsetzte und damit den raschen Sturz der vom Westen unterstützten afghanischen Regierung und die Rückkehr der Taliban an die Macht auslöste, stößt auf Kritik – auch in seinen eigenen Reihen.

Afghanistan-Debakel

Die USA haben gerade mit einem chaotischen Truppenabzug ihren Militäreinsatz in Afghanistan beendet, den sie nach den Anschlägen von 2001 begonnen hatten. Präsident Joe Biden wollte das Ende des längsten Krieges der US-Geschichte zum Jahrestag von 9/11 als Erfolg präsentieren. Doch die rasante Machtübernahme der radikal-islamischen Taliban, die den Terrordrahziehern der Al-Kaida einst Unterschlupf gewährt hatten, wurde für die Weltmacht zu einer Demütigung, die mit dem Tod von 13 US-Soldaten bei einem Anschlag in Kabul noch verheerender wurde.

Das Afghanistan-Debakel hat dem Präsidenten schwer zugesetzt, auch innenpolitisch knirscht es zunehmend – ganz abgesehen davon, dass die Coronakrise sich wieder deutlich verschärft hat. Am Samstag wird Biden versuchen, sich als Vater der Nation zu präsentieren, der das politisch zerstrittene Land in der schmerzhaften Erinnerung zusammenhält.

Zeremonie am Ground Zero

Nach New York besucht Biden Pennsylvania, den Absturzort einer von den Islamisten entführten Maschine, die auf dem Boden zerschellte, nachdem die Passagiere sich gegen die Angreifer aufgelehnt hatten. 40 Passagiere und Besatzungsmitglieder sowie die vier Entführer starben.

Bidens letzte Station wird das US-Verteidigungsministerium vor den Toren der Hauptstadt Washington sein, in das die Islamisten die vierte entführte Maschine gesteuert hatten. Hier gab es 184 Todesopfer.

Gegenwind für Biden

Während Biden derzeit an vielen politischen Fronten kämpft, gab es kürzlich auch Ärger um die Gedenkveranstaltungen. Opferangehörige erklärten den Präsidenten zur Persona non grata, sollte er nicht geheime Dokumente zu den Ermittlungen zu 9/11 veröffentlichen. Hintergrund ist der Verdacht, dass Saudi-Arabien in die Anschläge verwickelt war. Vergangene Woche ordnete Biden schließlich eine Freigabe wichtiger Dokumente im Verlauf von sechs Monaten an.

Gegenwind bekam Biden zuletzt auch von Angehörigen der bei dem Anschlag in Kabul getöteten 13 US-Soldaten. Nach einer Zeremonie bei der Ankunft der Särge in den USA äußerten sich Opferfamilien wütend über den Präsidenten, der Empathie zu einem zentralen Element seines Politikstils gemacht hat. Der 78-Jährige habe nur über seinen Sohn Beau reden wollen, der 2015 an einem Hirntumor gestorben war, erklärte eine Mutter – und lud später Bidens Vorgänger Donald Trump zur Beerdigung ihres Sohns ein.

Ex-Präsident Trump wiederum hat für den Jahrestag von 9/11 ganz eigene Pläne, die wenig mit stiller Einkehr zu tun haben: Er wird am Samstagabend für einen TV-Streamingsender einen Boxkampf des früheren Schwergewichts-Weltmeisters Evander Holyfield kommentieren.

 

APA/Presse.Online, Foto: Joe Biden vor seiner Abreise zu den Anschlagsorten am 11.10.2021.
© APA / afp, saul loeb