Strafbarkeitslücke: Wer einen gefälschten Impfpass vorlegt, macht sich nicht zwingend strafbar
Ausnahme: Wenn Fälschungen bei Behörden vorgelegt werden
Berlin. Das Landgericht Osnabrück hat in der vergangenen Woche einen Begriff benutzt, der Rechtspolitiker aufmerken lässt: Strafbarkeitslücke. Wer in der Apotheke einen gefälschten Impfausweis vorlegt, um ein digitales Impfzertifikat zu bekommen, mache sich nach der derzeitigen Rechtslage nicht strafbar, entschied die große Strafkammer. Für den Kampf gegen die Pandemie ist das ein Problem: Ungeimpfte können sich mit gefälschten Impfausweisen Zutritt zu Restaurants, Konzerten oder anderen Veranstaltungen verschaffen, die nur Geimpften offenstehen.
Je häufiger die 2G-Regel angewendet wird, desto aktiver werden die Fälscher. Landeskriminalämter berichten, dass Anzeigen wegen gefälschter Impfausweise in die Höhe schießen.
Als die Paragraphen 277 und folgende des Strafgesetzbuchs entstanden, war an digitale Impfzertifikate noch nicht zu denken. Unter Strafe steht nur die Fälschung von Gesundheitszeugnissen zur Täuschung von Behörden oder Versicherungsgesellschaften. Eine Apotheke aber ist keine Behörde, sondern ein privates Unternehmen. Daher kam das Landgericht Osnabrück zum Ergebnis, dass der Tatbestand nicht erfüllt ist. Im Gesetzentwurf der Unionsfraktion ist daher nicht mehr von der Täuschung von Behörden die Rede, unter Strafe soll künftig die Fälschung von Gesundheitszeugnissen beziehungsweise deren Gebrauch „zur Täuschung im Rechtsverkehr“ stehen. Die bisherige Beschränkung sei nicht mehr sachgerecht, heißt es in der Gesetzesbegründung.
Union schlägt Gesetzesänderung vor
Die Unionsfraktion will empfindliche Strafen für Menschen, die gefälschte Impfnachweise herstellen, verkaufen oder zur Umgehung von Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie benutzen. Da die bisherige Rechtslage das nicht hergibt, bringen CDU und CSU voraussichtlich in der kommenden Woche einen Entwurf für ein “Gesetz zur Verbesserung des Schutzes von Impfpassfälschungen” im Bundestag ein. Damit würde eine Lücke im Gesetz geschlossen, um die sich Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) bisher zu wenig gekümmert habe, sagte der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Jan-Marco Luczak (CDU), der Deutschen Presse-Agentur.
Der Entwurf sieht vor, dass künftig nicht nur die Täuschung von Behörden und Versicherungen strafbar sein soll, sondern auch das Vorlegen einer Fälschung in der Apotheke oder beim Arbeitgeber. Außerdem sollen falsche Impfnachweise, die “bedrohliche übertragbare Krankheiten betreffen”, in den Kreis der Fälle aufgenommen werden, die als “besonders schwere Urkundenfälschung” klassifiziert werden.
Wer sich als Mediziner ausgibt und ein Zeugnis über seinen eigenen Gesundheitszustand oder den eines anderen ausstellt, soll nach dem Vorschlag der Union mit Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe rechnen müssen. In besonders schweren Fällen – etwa bei gewerbsmäßiger Fälschung – sieht der Entwurf eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren vor. “Wer Impfpässe fälscht oder Fälschungen gebraucht, gefährdet die Gesundheit von Menschen und erschüttert das Vertrauen und die Akzeptanz in Corona-Schutzmaßnahmen. Das muss hart bestraft werden”, sagte Luczak.
Das Landgericht Osnabrück hatte mit Beschluss vom 26. Oktober festgestellt, das Vorzeigen eines gefälschten Impfausweises in einer Apotheke zur Erlangung eines digitalen Impfzertifikats sei nach der derzeitigen Rechtslage kein strafbares Handeln. Es sei von einer “Strafbarkeitslücke” auszugehen.
dpa/psm.media/presse.online, Foto: Systembild für Impfausweise © IStock