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Grünes Label für Atomkraft und Gas – Österreich bereitet Klage vor

Veröffentlicht von PSM.Media

Gewessler kritisiert EU-Kommission: Greenwashing-Programm für Atomenergie und fossiles Erdgas

Die EU-Kommission legt sich fest: Sowohl Investitionen in Gas- als auch in Atomkraftwerke sollen als „klimafreundlich“ gelten.

Wien. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) macht ihre Klagsdrohung gegen die EU-Kommission wegen der Einstufung von Atomkraft und Gas als klimafreundliche Investitionen wahr. Österreich werde in den in den nächsten Wochen rechtliche Schritte vorbereiten und wolle mit einer Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gerichtshof vorgehen, sagte Gewessler am Mittwoch. Luxemburg schließe sich der österreichischen Initiative an.

“Rein formal muss der Akt in Kraft treten, damit man ihn rechtlich bekämpfen kann”, sagte Gewessler. Formal gebe es eine viermonatige Frist für den EU-Rat und das Europaparlament, um den Rechtsakt zu prüfen. Im Rat der EU-Mitgliedstaaten werde es die erforderliche qualifizierte Mehrheit gegen die Taxonomie nicht geben, räumte die Ministerin ein. Im EU-Parlament erwartet Gewessler es noch hitzige Diskussionen, für eine Einschätzung sei es “zu früh”.

Die Taxonomie-Entscheidung der EU-Kommission sei ein “Greenwashing-Programm für Atomenergie und fossiles Erdgas”, so die Klimaministerin. Die EU-Kommission ignoriere damit ihre eigenen Verfahrensregeln, ihre Experten sowie die Stellungnahmen vieler Mitgliedstaate, die Bedenken vorgebracht hätten. Die Kommission erfülle “vor allem die Wünsche der Atomlobby”. Die nunmehrige Entscheidung enthalte gegenüber dem ersten Entwurf nur minimale Veränderungen und sei im Bereich Gas eher schlechter.

Gewessler nannte drei Grüne, warum Österreich das grüne Label ablehnt. Atomkraft sei im Gegensatz zu Erneuerbaren veraltet und zu teuer, um einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Als Beweise führte Gewessler das Kernkraftwerk Flamanville in Frankreich und die Abhängigkeit von russischem Erdgas an.

Zweiten sei die Entscheidung der EU-Kommission auch juristisch falsch. “Das liegt nicht im Kompetenzbereich der EU-Kommission”, so Gewessler. Andererseits erfülle Atomkraft nicht die Voraussetzung. “Grüne Technologien dürfe keine signifikanten Umweltschäden anrichten”, was etwa durch Fukushima bei Atomkraft dokumentiert werde. Wer dies leugne, “lügt sich in die Tasche”. Drittens gefährde die EU-Entscheidung die Zukunft. “Wir geben den Kindern einen Rucksack voller Probleme mit”, warnte die Klimaministerin.

Vergleiche mit der erfolglosen Klage Österreichs gegen das britische AKW Hinkley Point wies Gewessler zurück. Dabei sei es um Beihilfen und um eine ganz andere rechtliche Frage gegangen. Gewessler verwies auf ihr Gutachten zur Taxonomie und darauf, dass sie immer sehr klar gemacht habe, “dass wir rechtliche Schritte einleiten werden”. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) habe dafür volle Unterstützung gezeigt, “wir ziehen alle an einem Strang”.

Schon zuvor hatten andere Vertreter der österreichischen Politik kritisch auf das von der EU-Kommission vorgeschlagene “grüne Label” für die Atomkraft reagiert. “Atomkraft ist weder “grün” noch nachhaltig. Ich kann die Entscheidung der EU nicht nachvollziehen”, teilte Nehammer am Mittwoch auf Twitter mit.

Gewessler “hat meine volle Unterstützung bei der Prüfung rechtlicher Schritte”, betonte der Bundeskanzler. Österreich setze weiterhin auf den Ausbau erneuerbarer Energieträger. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) warf der Brüsseler Behörde am Mittwoch vor, mit ihrer Entscheidung ihre eigenen Bemühungen zum Klimaschutz zu untergraben. Kritik gab es auch von anderen Parteien und Umweltorganisationen. Die österreichischen EU-Abgeordneten kündigten an, gemeinsam Widerspruch im Europaparlament einlegen zu wollen.

 

apa, Foto: Systemfoto: Atomkraft © IStock