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Ab 16. März gilt die COVID-19-Impfpflicht für medizinisches Personal

Veröffentlicht von PSM.Media

Arbeitsrechtliche Aspekte der Impfpflicht im Gesundheitswesen

Ab Mitte März muss Personal aus dem Gesundheitswesen eine Corona-Impfung nachweisen

Berlin. Am 15. März tritt für das Gesundheits- und Pflegepersonal eine Corona-Impfpflicht in Kraft. Sie gilt aber nicht für Pflegekräfte mit privatrechtlichen Verträgen.

§ 20a Abs. 1 IfSG regelt, dass Personen, die in den in der Vorschrift genannten Einrichtungen oder Unternehmen des Gesundheitswesens tätig sind, geimpft oder genesen sein müssen iSd. § 2 Nr. 2 oder Nr. 4 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung. Das Gesetz unterscheidet zwischen zwei verschiedenen Personengruppen. Unter Abs. 2 fallen die Bestandsbeschäftigten, also diejenigen Personen, die zum Zeitpunkt 15. März 2022 bereits in einer Einrichtung tätig sind. Abs. 3 betrifft hingegen neu eintretende Personen. Eine ab 16. März 2022 in eine Einrichtung oder ein Unternehmen des Gesundheitswesens neu eintretende Person muss von vornherein geimpft oder genesen sein, anderenfalls darf diese Person gemäß § 20a Abs. 3 IfSG in den genannten Einrichtungen oder Unternehmen gar nicht erst tätig werden.

Eine entsprechende Regelung über ein Verbot des Tätigwerdens für Ungeimpfte findet sich in § 20a IfSG für die Bestandsbeschäftigten nicht. Die Bestandsbeschäftigten müssen gemäß § 20a Abs. 2 IfSG lediglich der Leitung der Einrichtung oder des Unternehmens, also ihrem Arbeitgeber, bis spätestens 15. März 2022 einen Impfnachweis, einen Genesenennachweis oder ein ärztliches Zeugnis, dass sie nicht geimpft werden können, vorlegen. Wird dieser Nachweis nicht vorgelegt, hat der Arbeitgeber dem Gesundheitsamt hierüber Meldung zu machen. Das Gesundheitsamt kann dann gemäß § 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG die Betroffenen auffordern, den geforderten Nachweis innerhalb einer angemessenen Frist vorzulegen.

Für den Fall, dass der Nachweis nicht vorgelegt wird, kann das Gesundheitsamt gegenüber den Betroffenen ein Betretungs- und/oder Tätigkeitsverbot aussprechen. Ob dies erfolgt, bedarf einer vorherigen Ermessensprüfung des Gesundheitsamts. Der Arbeitgeber hat bei der Weiterbeschäftigung von ungeimpften Bestandsbeschäftigten über den 15. März 2022 hinaus erst einmal nichts zu befürchten, wenn er seiner Meldeverpflichtung gemäß § 20a Abs. 2 Satz 2 IfSG nachgekommen ist. Er verhält sich nicht rechtswidrig. Er hat insbesondere auch nicht zu befürchten, wegen einer Ordnungswidrigkeit belangt zu werden. Der Arbeitnehmer hat dagegen schon bei einem Verstoß gegen die Aufforderung des Gesundheitsamts, innerhalb einer gesetzten Frist den Impf- oder Genesenennachweis vorzulegen, ein Bußgeld zu befürchten, vergl. § 73 Abs. 1a Nr. 7h IfSG. Das hindert ihn aber noch nicht an der Weiterarbeit. Arbeiten kann er erst dann nicht mehr, wenn ihm dies durch das Gesundheitsamt über ein Betretungs- und/oder Tätigkeitsverbot untersagt wurde.

Kündigung eines Arbeitnehmers wegen fehlender Immunisierung?

Ob und wann wegen einer nicht vorliegenden Impfung oder Genesung ab 16. März 2022 das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer gekündigt werden kann, hängt von der jeweiligen Fallgestaltung ab.

a) Ordentliche Kündigung außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes

Hat der Arbeitnehmer schon keinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz, weil das Arbeitsverhältnis entweder noch nicht länger als sechs Monate bestanden hat (§ 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz – KSchG) oder weil der Arbeitnehmer in einem Kleinbetrieb mit regelmäßig nicht mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt ist (§ 23 Abs. 1 KSchG), ist eine (ordentliche) Kündigung aller Voraussicht nach zulässig. Sie ist angesichts der Regelung in § 20a Abs. 1 IfSG nicht maßregelnd i.S.v. § 612a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Sie kann auch nicht als treu- oder sittenwidrig bezeichnet werden (Fuhlrott GWR 2022, 22).

b) Ordentliche personenbedingte Kündigung im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes

Im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes ist die ordentliche Kündigung anhand von § 1 Abs. 2 KSchG zu prüfen. Es stellt sich die Frage, ob die Kündigung wegen eines fehlenden Impf- oder Genesenenstatus als aus Gründen, die in der Person des Arbeitnehmers liegen, sozial gerechtfertigt ist.

Als Kündigungsgrund in der Person des Arbeitnehmers kommen auch Umstände in Betracht, die auf einer in dessen persönlichen Verhältnissen oder Eigenschaften liegenden „Störquelle“ beruhen. Dies wurde bislang hauptsächlich entschieden in Fällen, in denen der Arbeitnehmer eine Strafhaft antreten musste (Bundesarbeitsgericht – BAG 23. Mai 2013 – 2 AZR 120/12 -). Maßgeblich ist, ob bei objektiver Betrachtung mit hinreichender Sicherheit eine Prognose gestellt werden kann, dass der Arbeitnehmer für längere Zeit an der Erbringung seiner Arbeitsleistung gehindert sein wird (BAG 23. Mai 2013 – 2 AZR 120/12 -). Die (prognostizierte) Nichterfüllung der Arbeitspflicht muss sich zudem nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken.

Da der Arbeitgeber im Falle einer Leistungsunmöglichkeit des Arbeitnehmers typischerweise von der Entgeltzahlungspflicht befreit ist, hängt es von der Art und dem Ausmaß der betrieblichen Auswirkungen ab, ob der Unmöglichkeitssachverhalt geeignet ist, einen Grund zur Kündigung abzugeben (BAG 24. März 2011 – 2 AZR 790/09 -). Maßgeblich ist, ob dem Arbeitgeber Überbrückungsmöglichkeiten zugemutet werden können, um den Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers bis zur möglichen Rückkehr freizuhalten (BAG 22. Oktober 2015 – 2 AZR 381/14 -; BAG 23. Mai 2013 – 2 AZR 120/12 -). Diese betrieblichen Auswirkungen hat der Arbeitgeber darzulegen. Wie bei der Kündigung wegen langandauernder Arbeitsunfähigkeit, bei der von einer Beeinträchtigung betrieblicher Interessen ohne weitere Darlegungen ausgegangen werden kann, wenn mit einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit in den nächsten 24 Monaten nicht gerechnet werden kann (BAG 13. Mai 2015 – 2 AZR 565/14 -), geht man auch in den Haftfällen davon aus, dass eine prognostizierte mehrjährige Haftdauer weitere Darlegungen zu den betrieblichen Auswirkungen entbehrlich macht (BAG 22. Oktober 2015 – 2 AZR 381/14 -; BAG 24. März 2011 – 2 AZR 24. März 2011 – 2 AZR 790/09 -). Dies muss auch für sonstige Fälle der dauerhaften Leistungsunmöglichkeit gelten.

Sodann bedarf es noch einer abschließenden, alle Umstände des Einzelfalls einbeziehenden Abwägung, ob es dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsteile unzumutbar ist, das Arbeitsverhältnis bis zum Wegfall des Hinderungsgrundes fortzusetzen (BAG 24.  März 2011 – 2 AZR 790/09 -).

(1) Personenbedingte Kündigung nach einem Betretungs- oder Tätigkeitsverbot

Wird demnach ein Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber nach dem 15. März 2022 gekündigt, nachdem das Gesundheitsamt gemäß § 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG ein Betretungs- und/oder Tätigkeitsverbot ausgesprochen hat, ist dem betroffenen Arbeitnehmer die Erbringung der Arbeitsleistung unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB). Sein Vergütungsanspruch entfällt ab diesem Zeitpunkt (§ 326 Abs. 1 BGB). Diese Unmöglichkeit der Leistungserbringung besteht nach derzeitiger Rechtslage wegen der begrenzten Geltungsdauer des § 20a IfSG prognostisch bis 31. Dezember 2022. Dies ist jedenfalls kein Zeitraum, der eine Darlegung zu den betrieblichen Auswirkungen entbehrlich machen würde, zumal nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, je nach Dauer des Bestands des Arbeitsverhältnisses, allenfalls noch wenige Monate bis zur Wiedererlangung der Möglichkeit zur Leistungserbringung überbrückt werden müssten. Ob im Rahmen der Beurteilung der betrieblichen Auswirkungen allein schon das Interesse an einer freien Personal- und Stellenplanung ausreichend ist, erscheint zweifelhaft. Die Entwicklung der Rechtsprechung hierzu wird abzuwarten sein.

(2) Insb.: Personenbedingte Kündigung vor einem Betretungs- oder Tätigkeitsverbot

Ob schon vor Ausspruch eines Betretungs- und/oder Tätigkeitsverbots quasi prophylaktisch eine Kündigung aus personenbedingten Gründen ausgesprochen werden kann, ist ebenfalls zweifelhaft. Wie bereits oben dargestellt, bedarf es einer Prognosebeurteilung, ob und wie lange bei objektiver Betrachtung mit hinreichender Sicherheit mit einer Unmöglichkeit der Leistungserbringung zu rechnen ist (BAG 23. Mai 2013 – 2 AZR 120/12 -). Insoweit ist zu sehen, dass es jedenfalls zur Zeit noch nicht absehbar ist, inwieweit es durch die jeweiligen Gesundheitsämter zu Betretungs- oder Tätigkeitsverboten kommt (siehe hierzu: https://www.businessinsider.de/politik/deutschland/lauterbach-ministerium-raeumt-erstmals-klar-ein-ungeimpfte-koennen-ab-16-maerz-in-krankenhaeusern-und-pflegeheimen-vorerst-weiterarbeiten-a/). Kann eine Prognose noch nicht gesichert festgestellt werden, bestehen also hinsichtlich des befürchteten Wegfalls von Beschäftigungsmöglichkeiten noch Unsicherheiten und Unvorhersehbarkeiten, handelt es sich bei einer auf einer solchen Grundlage gestützten Kündigung um eine unwirksame sogenannte „Vorratskündigung“ (BAG 13. Februar 2008 – 2 AZR 75/06 -; BAG 12. April 2002 – 2 AZR 256/01; beide Entscheidungen zu unsicheren Prognosebeurteilungen bei betriebsbedingten Kündigungslagen). Eine solche Kündigung vor einer Entscheidung des Gesundheitsamts auszusprechen, ist aus Arbeitgebersicht somit zumindest risikobehaftet.

c) Ordentliche verhaltensbedingte Kündigung im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetz

Teilweise wird vertreten, dass wegen des in § 20a Abs. 1 IfSG normierten 2G-Erfordernisses der Arbeitgeber dieses auch zum notwendigen Inhalt einer weiteren Beschäftigung machen könne, weshalb der Verstoß hiergegen, bzw. der Unwillen des Arbeitnehmers, dieses zu erfüllen, zugleich eine Verletzung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht darstelle, welche – gegebenenfalls nach Abmahnung – auch eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen könne (Fuhlrott GWR 2022, 22).

Dies ist zumindest zweifelhaft. Eine Kündigung ist i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG nämlich nur durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers bedingt und damit nicht sozial ungerechtfertigt, wenn dieser seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und i.d.R. schuldhaft verletzt (BAG 7. Mai 2020 – 2 AZR 619/19 –). Ein Arbeitnehmer, der einen Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit durch eine Impfung nicht hinnehmen möchte, macht sich bezogen auf die einrichtungsbezogene Impfpflicht möglicherweise leistungsunmöglich, daraus kann, selbst wenn man eine vertragliche Nebenpflicht unterstellen wollte, jedoch schwerlich ein schuldhaftes Verhalten abgeleitet werden.

d) Außerordentliche Kündigung

Ist aber eine etwaige Kündigung wegen fehlender Impfung oder Genesung ausschließlich aus personenbedingten Gründen denkbar, scheidet der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung von vornherein aus. In diesen Fällen ist die Einhaltung einer Kündigungsfrist im Regelfall zumutbar, es sei denn, die ordentliche Kündigungsmöglichkeit ist tariflich oder einzelvertraglich ausgeschlossen (BAG 27. November 2003 – 2 AZR 601/02 -). Dann wäre aber eine der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist einzuräumen.

4. Ist eine (unbezahlte) Freistellung des Arbeitnehmers zulässig?

Wegen der Schwierigkeiten, das Arbeitsverhältnis durch Kündigung zu beenden, liegt der Gedanke nahe, Arbeitnehmer stattdessen von der Erbringung der Arbeitsleistung (unbezahlt) freizustellen. Ob diese Arbeitgebererwägung arbeitsrechtlich trägt, läuft letztlich parallel zu den Erwägungen bei den Kündigungsmöglichkeiten.

a) Freistellung nach Ausspruch eines Betretungs- oder Tätigkeitsverbots

Hat das Gesundheitsamt ein Betretungs- und/oder Tätigkeitsverbot ausgesprochen, kann der Arbeitnehmer seine geschuldete Arbeitsleistung nicht mehr erbringen (§ 275 Abs. 1 BGB). Damit entfällt auch sein Gegenleistungsanspruch auf Vergütung (§ 326 Abs. 1 BGB). Einer gesonderten Freistellungserklärung bedarf es in diesen Fällen eigentlich nicht, sie ist jedoch unschädlich. Denn der Arbeitnehmer ist nicht in der Lage, seine Arbeitskraft ordnungsgemäß anzubieten, um den Arbeitgeber gemäß §§ 615 S. 1, 293 ff BGB in Annahmeverzug zu versetzen.

b) Freistellung vor Ausspruch eines Betretungs- oder Tätigkeitsverbots

Vor Ausspruch eines solchen Betretungs- und/oder Tätigkeitsverbots durch das Gesundheitsamt ist, wie sich aus der Darstellung zu 2) ergibt, eine Weiterarbeit des Arbeitnehmers trotz fehlenden 2G-Status grundsätzlich möglich. § 20a Abs. 1 IfSG begründet, vor allem in Zusammenschau mit § 20 Abs. 5 Satz 3 IfSG, allein noch kein Beschäftigungsverbot für Ungeimpfte. Sollte deshalb eine „vorauseilende“ Freistellungserklärung erfolgen, läuft der Arbeitgeber Gefahr, für die Zeiten der Nichtarbeit des Arbeitnehmers an diesen Entgelt wegen Annahmeverzug erbringen zu müssen. Der Einwand des § 297 BGB dürfte in diesen Fällen nicht greifen.

5. Kann gegen eine Freistellung ein Beschäftigungsanspruch geltend gemacht werden?

Spannend ist die Frage, ob dem Arbeitnehmer im Falle einer „vorauseilenden“ Freistellung für Zeiten vor Ausspruch eines Betretungs- und/oder Tätigkeitsverbots ein Beschäftigungsanspruch zusteht, der gegebenenfalls durch einstweilige Verfügung durchgesetzt werden könnte.

Der Arbeitnehmer hat im bestehenden Arbeitsverhältnis grundsätzlich einen Anspruch auf vertragsgemäße tatsächliche Beschäftigung. Rechtsgrundlage des durch die Rechtsprechung im Wege der Rechtsfortbildung entwickelten allgemeinen Beschäftigungsanspruchs des Arbeitnehmers sind §§ 611a613 BGB iVm. der Generalklausel des § 242 BGB, die durch die Wertentscheidungen der Art. 1 und Art. 2 GG zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht ausgefüllt wird. Der Arbeitnehmer soll – als Ausdruck und in Achtung seiner Persönlichkeit und seines Entfaltungsrechts – tatsächlich arbeiten können. Korrespondierend mit dem Beschäftigungsanspruch ist der Arbeitgeber zur vertragsgemäßen Beschäftigung verpflichtet, wenn der Arbeitnehmer diese verlangt. Der allgemeine Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses gemäß §§ 611a, 613 iVm. § 242 BGB ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur mit Begrenzungen anzuerkennen. Er setzt neben einer arbeitsvertraglichen Verbindung der Parteien voraus, dass das Interesse des Arbeitnehmers an seiner Beschäftigung das des Arbeitgebers an seiner Nichtbeschäftigung überwiegt. Treu und Glauben verpflichteten den Arbeitgeber nicht, die Interessen des Arbeitnehmers ohne Rücksicht auf eigene überwiegende und schutzwerte Interessen zu fördern. Andererseits kann sich auf Seiten des Arbeitnehmers das allgemeine ideelle Beschäftigungsinteresse im Einzelfalle noch durch besondere Interessen ideeller und/oder materieller Art verstärken. Lehnt der Arbeitgeber wegen entgegenstehender eigener Interessen die Beschäftigung des Arbeitnehmers ab, bedarf es einer Interessenabwägung, in die alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen sind: Bestehen danach keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen des Arbeitgebers, kann der Arbeitnehmer grundsätzlich eine vertragsgemäße Beschäftigung verlangen. Stehen überwiegende schutzwerte Interessen der Beschäftigung entgegen, ist der Arbeitgeber nicht zur Beschäftigung des Arbeitnehmers verpflichtet (BAG 15. Juni 2021 – 9 AZR 217/20 -).

Ob der Wunsch des Arbeitgebers, dem in § 20a Abs. 1 IfSG niedergelegten und an den Arbeitnehmer gerichteten Impfgebot zu folgen, ein ausreichendes Interesse darstellt, welches geeignet ist, das Beschäftigungsinteresse der ungeimpften Beschäftigten zu überwiegen, bedarf angesichts der gesetzgeberischen Konzeption, aus § 20a Abs. 1 IfSG kein (sofortiges) Beschäftigungsverbot abzuleiten, zumindest einer genauen Abwägung unter Berücksichtigung der Vulnerabilität der in der jeweiligen Einrichtung zu schützenden Personengruppen. Da diese Abwägungsentscheidung gemäß § 20a Abs. 5 Satz 3 IfSG vom Gesetzgeber eigentlich den Gesundheitsämtern überantwortet wurde, wird man einen Beschäftigungsantrag jedenfalls nicht als völlig aussichtslos erachten müssen.

 

KBV/KRiStA/PSM, Foto: Für Beschäftigte in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen gilt ab 16. März eine gesetzliche Impfpflicht gegen COVID-19 © IStock