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Russland – Nur noch Deutschland gegen Swift-Ausschluss

Veröffentlicht von PSM.Media

Lettland, Tschechien und Ökonomen fordern Swift-Ausschluss Russlands

Nur noch Deutschland stellt sich gegen den Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungsnetzwerk Swift.

Berlin. Seitdem Russland in die Ukraine einmarschiert ist, fordern Staatschefs und Experten das Russland vom dem Handelssystem Swift ausgeschlossen wird. Wie genau funktioniert Swift? Jeder der schon mal eine online Überweisung durchgeführt hat, ist mit ihm in Berührung gekommen. Die Abkürzung Swift steht für „Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication“. Swift ist ein internationales Netzwerk zum Austausch elektronischer Informationen. Swift kümmert sich nicht um die Verrechnung oder Abwicklung von Zahlungen, sondern stellt die technische Infrastruktur zur Verfügung, damit Finanzinstitute bei Geldtransfers über Landesgrenzen hinweg sicher miteinander kommunizieren können.

Die Mitglieder der 1973 gegründeten Genossenschaft mit Sitz in La Hulpe südöstlich von Brüssel haben Standards definiert, damit Bank A in einem Land schnell und technisch nachvollziehbar Nachrichten mit Bank B im anderen Land austauschen kann: zu Geldtransfers, Wertpapier- oder Edelmetallgeschäften. Solche Swift-Nachrichten können automatisiert weiterverarbeitet werden. Mehr als 11 000 Teilnehmer in über 200 Ländern nutzen nach Angaben von Swift den Dienst, vor allem Banken, aber auch Wertpapierfirmen und große Konzerne.

Jeder an das System angeschlossene Teilnehmer hat eine eigene Swift-Adresse, den Bank Identifier Code, kurz BIC. Anhand dieser internationalen Bankleitzahl sind Kreditinstitute eindeutig identifizierbar. Das Swift-System stellt auf diesem Wege zum Beispiel sicher, dass Auslandsüberweisungen auf dem richtigen Konto eingehen. Täglich werden über das System Millionen von Nachrichten verarbeitet und milliardenschwere Geldsummen rund um den Globus geschickt.

Lettland fordert Russland von dem System auszuschließen 

Lettlands Präsident Egils Levits rechnet mit weiteren EU-Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine. Beim Nato-Gipfel am Freitag habe er gefordert, Russland auch vom Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift auszuschließen und sei dabei von anderen Staatschefs unterstützt worden, sagte Levits am Samstag im ZDF-„Morgenmagazin“. „Ich glaube, (…) wir kommen auch zur Abschaltung von Swift für Russland, was natürlich noch (einen) besonderen Einschnitt für die russische Ökonomie bedeuten wird.“

Tschechien stimmt dem zu 

Der tschechische Präsident Milos Zeman hat gefordert, Russland vom Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift auszuschließen. „Bloße Worte“ würden nicht mehr reichen, die russische Invasion in der Ukraine zu stoppen, sagte er bei einer Online-Konferenz mit den Staatsoberhäuptern osteuropäischer Nato-Staaten.

Die Prager Präsidentschaftskanzlei veröffentlichte den Text seiner Ansprache am späten Freitagnachmittag auf ihrer Internetseite. Die von westlichen Staaten wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine bereits verhängten Sanktionen kritisierte der 77-Jährige darin als zu wenig konsequent.

Wörtlich heißt es in Zemans Redetext: „Vergessen Sie nicht, dass die Russen schon an Sanktionen gewöhnt sind. Mein Vorschlag ist daher ganz einfach: Es gibt eine ernsthafte Sanktion namens Swift. Ich weiß sehr gut, dass diese Sanktion schmerzhaft ist. Und wenn wir Russland aus dem Swift-System ausschließen, wird das auch ernsthafte Folgen für die Nato-Staaten selbst haben. Aber es kann funktionieren, während Worte allein nicht funktionieren.“

Ökonomen ebenfalls für einen solchen Schritt

Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges plädieren Ökonomen dafür, Russland vom Banken-Informationssystem Swift abzuschneiden. „Wir müssen handeln, um glaubwürdig zu bleiben“, sagte Veronika Grimm, Mitglied im Sachverständigenrat, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Samstag) laut Vorabmeldung. Das Argument für einen Aufschub überzeuge nicht. „Auf welche weitere Eskalationsstufe will man denn noch warten?“ Ein Ausschluss Russlands vom Swift-System sei zwar angesichts dann drohender Engpässe und Preissteigerungen bei ÖL und Gas einschneidend. „Aber das Szenario wurde vorbereitet und ist handhabbar“, wurde die Ökonomin zitiert.

Ähnlich äußerte sich der Direktor des arbeitgebernahen Institutes der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther. „Stoppt man Swift, bricht alles zusammen – das konnte man im Iran beobachten. Anders ist Putin aber womöglich nicht zu bremsen“, sagte Hüther der Funke Mediengruppe. „Die Sanktionen müssen bis zur äußersten Schärfe gezogen werden.“ Das habe Folgen für den Westen. So würde die Inflation kurzfristig hoch sein. „Die ökonomischen Folgen sind in Kauf zu nehmen – das muss auch die Wirtschaft akzeptieren“, sagte Hüther. Putin müsse wirksam sanktioniert werden.

Baerbock befürchtet „massive Kollateralschäden“ 

Ein Ausschluss Russlands aus dem Banken- Kommunikationsnetzwerk Swift hätte nach den Worten von Außenministerin Annalena Baerbock „massive Kollateralschäden“ – und könnte auch die deutsche Energieversorgung gefährden. Die Grünen-Politikerin sagte am Freitag in der ARD, im Falle eines Swift-Ausschlusses Russlands könnten auch Energieimporte nicht mehr finanziert werden.

Baerbock sagte mit Blick auf den russischen Angriff der Ukraine: „Alles, was wir tun könnten, um diesen Wahn zu stoppen, würden wir tun. Aber ebenso müssen wir sehen, dass wir nicht Instrumente wählen, wo Putin am Ende drüber lacht, weil sie uns viel härter treffen.“

50 Prozent der Steinkohleimporte stammten aus Russland, sagte Baerbock: „Wenn wir diese Kohle nicht haben, werden die Kohlekraftwerke in Deutschland nicht weiterlaufen können.“ Die Regierung suche unter Hochdruck nach Alternativen, könne aber die Fehler der Vergangenheit jetzt nicht heilen. „Und natürlich tragen wir eine Verantwortung dafür, dass wir in Deutschland weiterhin eine stabile Strom- und Wärmeversorgung haben.“

Wenn Deutschland und andere europäische Länder nun dort Probleme bekämen, dann sei dies etwas, was Putin auch wolle, eine „Destabilisierung bei uns“, machte Baerbock deutlich. „Wenn bei uns ein paar Tage der Strom nicht mehr richtig funktioniert, dann hätten wir ein richtiges Problem.“ Das bedeute nicht, dass Deutschland nicht auch Kosten auf sich nehme, die Energiepreise würden steigen.

Baerbock sagte, Deutschland habe sich in den vergangenen Wochen mit seinen Partnern angeschaut, was die Maßnahmen seien, die das russische Machtzentrum am härtesten treffen würden: „Da haben wir uns natürlich auch Swift angeschaut und dabei aber gesehen, dass ein Ausschluss massive Kollateralschäden hätte.

Bitcoin als Ausweg für Russland?

Ein Ausschluss Russlands vom internationalen Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift muss nach Einschätzung von Experten mittel- und langfristig nicht zu einer kompletten finanziellen Isolation führen. Russland stünden im Bereich der Digitalwährungen zumindest theoretisch zwei Swift-Alternativen zu Verfügung, sagte Philipp Sandner, Wirtschaftswissenschaftler an der Frankfurt School of Finance & Management, der Deutschen Presse-Agentur. Zum einen könne Russland auf klassische Kryptowährungen ausweichen. Zum anderen könne Präsident Wladimir Putin versuchen, sein Land an die neue chinesische Digitalwährung e-Yuan (eCNY) anzudocken.

„Kurzfristig sind die Ausweichmöglichkeiten in Richtung Krypto-Assets wie Bitcoin und Ethereum sowie e-Yuan noch eher theoretischer Natur“, sagte Sandner, der als einer der führenden Experten für Digitalwährungen in Deutschland gilt. Mittelfristig könnte dies aber ganz anders aussehen. „In einem Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten kann man schon viel bewegen. Man wird das aber nicht in wenigen Tagen umsetzen können.“

Höhere Hürden sieht Sandner bei einem Ausweichen auf die chinesische Digitalwährung, die zu den Olympischen Winterspielen in China eingeführt wurde: „Beim digitalen e-Yuan ging es bislang nur um den Zahlungsverkehr im Inland. Eine Anbindung von Menschen und Firmen aus dem Ausland stand bislang dort nicht im Fokus.“

Man könne über Kryptowährungsplattformen seit Jahren Werte verschieben, sagte Sandner. Das gelte nicht nur für den Bitcoin oder Ethereum, sondern auch für so genannte Stablecoins, die fest an den US-Dollar gebunden sind wie Tether (USDT), USD Coin von Circle oder PAX. „Der Transfer auch von großen Summen funktioniert. Bislang machen da aber vor allem Individuen mit, hauptsächlich junge Leute, die technikaffin sind. Die machen aber nur rund fünf Prozent der Bevölkerung aus.“ Firmen hätten in der Regel gar keine Erfahrungen mit Bitcoin & Co., sondern seien fest im Swift-System verankert.

 

dpa, Foto: Systemfoto © IStock