Jedes dritte der rund 1.900 deutschen Krankenhäuser steht vor dem wirtschaftlichen Aus.
Steigende Kosten setzen auch Kliniken unter Druck. Trotz Umstrukturierung, Bettenabbau und Optimierung der Abläufe sei etwa ein Drittel der Kliniken «auf absehbare Zeit nicht in der Lage, wirtschaftlich zu arbeiten».
Berlin. Die deutsche Wirtschaft rutscht immer tiefer in die Krise. Unter dem Druck dramatisch steigender Energiekosten und anderer ungünstiger Rahmenbedingungen sind allein in diesem Jahr tausende Unternehmen insolvent gegangen. Wir fassen in diesem Ticker die wichtigsten Entwicklungen und Neuigkeiten zusammen.
Erst die Verwerfungen der “Corona-Krise”, jetzt die hohen Energiekosten nicht zuletzt aufgrund der antirussischen Sanktionen: In Deutschland droht laut einem Bericht des Tagesspiegel jeder dritten Klinik die Insolvenz. “Dieses Jahr haben vier Insolvenzverfahren mit insgesamt fünf Krankenhäusern begonnen”, sagt Rainer Eckert, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht. Er betont: “Das sind bundesweit die ersten Klinik-Insolvenzen nach der Corona-Pandemie.”
Eckert ist Gründer einer gleichnamigen Großkanzlei, die bundesweit aktiv ist. Die derzeitigen Insolvenzverfahren seien womöglich “Vorboten eines Trends”, der sich ohne staatliche Zuschüsse kaum aufhalten lasse. So könne laut Eckert “fast jede dritte Klinik in ernste Liquiditätsschwierigkeiten kommen”.
Besonders kleine Krankenhäuser seien betroffen. Dort fragen Beschäftigte in internen Runden bereits an, ob ihre millionenfach verschuldeten Häuser gezwungen sein werden, OP-Geräte und begehrte Arzneimittel, die in den letzten Monaten exorbitant teuer geworden sind, zu versteigern, um vor der Schließung noch die Gläubiger auszahlen zu können.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will am Dienstag die Vorschläge einer Expertenkommission zur Zukunft der deutschen Krankenhäuser aufzeigen. Das von ihm bereits 2003 mitentwickelte und oft kritisierte System der sogenannten “Fallpauschalen” soll durch einen anderen Modus ersetzt werden. Ganz unschuldig an der Entwicklung ist der “Gesundheitsexperte” nicht. Bereits 2019 forderte er:
“Jeder weiß, dass wir in Deutschland mindestens jede dritte, eigentlich jede zweite, Klinik schließen sollten. Dann hätten wir anderen Kliniken genug Personal, geringere Kosten, bessere Qualität, und nicht so viel Überflüssiges. Länder und Städte blockieren.”
Kaum Spielraum bei Preisen
Anders als Fabriken und Händler können Kliniken ihre Preise nicht unmittelbar anheben. Personal, Energie und Medikamente werden von den Krankenkassen mit fixen Fallpauschalen bezahlt, deren Höhe im Vorjahr ausgehandelt wurde. Nach Tagesspiegel-Informationen schließen beispielsweise Berlins landeseigene Vivantes-Kliniken dieses Jahr mit einem Minus in Höhe eines mittleren zweistelligen Millionenbetrags ab.
Das reiche, so die Einschätzung in den Bundesländern, nicht. Die Berliner Krankenhausgesellschaft teilte mit, allein für Sachkosten würde in den 70 Plankrankenhäusern der Stadt 2023 insgesamt wohl ein Defizit von 150 Millionen Euro entstehen.