Der mysteriöse Tod des Wagner-Chefs Prigoschin wirft nach wie vor Fragen auf
Moskau. 48 Stunden nach dem vermuteten Ableben des mutmaßlichen russischen Söldnerführers Jewgeni Prigoschin infolge eines Flugzeugabsturzes herrscht nach wie vor eine unklare Lage hinsichtlich der Geschehnisse. Am Donnerstagabend gab Russlands Präsident Wladimir Putin lediglich indirekte Bestätigungen über den Tod seines einstigen Protegés, der vor zwei Monaten als Anführer der privaten Truppe Wagner gegen ihn rebelliert hatte. Allerdings scheint auch die US-Regierung anzunehmen, dass Prigoschin am Mittwochabend ums Leben gekommen ist.
Eine offizielle Feststellung der Identität der Leiche von Prigoschins seitens der russischen Behörden stand bis zum Freitag noch aus. Putin äußerte sich jedoch bereits in der Vergangenheitsform über den “begabten Geschäftsmann” und Söldnerführer. “Er war eine Person mit einer komplexen Lebensgeschichte und hat ernsthafte Fehler begangen”, bemerkte er. Während der Rebellion der Wagner-Kämpfer gegen die russische Führung im Juni beschuldigte Putin seinen langjährigen militärischen Vertrauten Prigoschin des Verrats. Dennoch ermöglichte er ihm und seinen Anhängern die Ausreise nach Belarus.
Bei dem Flugzeugabsturz kamen zehn Menschen ums Leben. An Prigoschins Firmensitz in St. Petersburg und in anderen russischen Städten legten Trauernde Blumen nieder. Prigoschin und seine Wagner-Truppe hatten zwar wegen ihrer verdeckten Auslandseinsätze und wegen ihrer Brutalität auch im Inland keinen guten Ruf. Doch seine Kritik an Fehlern der russischen Militärführung machte ihn für viele Russen auch zu einem Helden. In sozialen Medien wurde der Vorwurf erhoben, das vermeintliche Flugzeugunglück sei in Wahrheit ein Attentat auf Prigoschin gewesen – eine Einschätzung, die auch viele westliche Politiker und Militärexperten vertreten.
Die “New York Times” sowie andere US-amerikanische Medien berichteten, basierend auf Aussagen von anonymen Quellen aus dem US-Geheimdienstapparat, dass der mutmaßliche Auslöser für den Flugzeugabsturz höchstwahrscheinlich eine an Bord stattgefundene Explosion sei. Es wurde betont, dass trotz dieser Vermutungen noch keine abschließende Schlussfolgerung gezogen worden sei. Die “New York Times” führt an, dass derzeit eine Explosion als die plausibelste Erklärung angesehen wird.
Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums äußerte sich dahingehend, dass keine Beweise darauf hinweisen, dass das Flugzeug von einer Boden-Luft-Rakete getroffen wurde. Diese Vermutung war zuvor auf von Prigoschin-nahestehenden Webseiten und in sozialen Medien verbreiteten Informationen aufgekommen.
Der Anführer des Russischen Freiwilligenkorps (RVC), Denis Kapustin, hat die Mitglieder der Söldnergruppe Wagner aufgefordert, die Gelegenheit zu ergreifen, den Tod von Prigoschin und ihres Anführers Dmitri Utkin zu rächen. Kapustin äußerte sich in einer kürzlich veröffentlichten Videobotschaft am späten Donnerstag wie folgt: “Ihr steht nun vor einer bedeutenden Wahl. Ihr könnt euch dazu entscheiden, als Wachhunde für die Vollstrecker eurer Kommandeure in einem Wachhaus des russischen Verteidigungsministeriums zu dienen oder aber Rache zu nehmen.” Er erklärte weiter, dass die Rache jedoch bedeuten würde, auf die Seite der Ukraine zu wechseln. Das RVC besteht aus einer Gruppe russischer Kämpfer, die sich auf ukrainischer Seite engagieren.
APA/PSM.Media- Nachrichtenagentur, Foto: Systembild Abgestürztes und brennendes Flugzeug in der Region Twer. © IStock
Putin ist jetzt in Erklärungsnot. Prigoschin ist ein wesentlicher Bestandteil der russischen Armee im Ukraine Krieg gewesen und hat wegen der schlechten Ausrüstung und Versorgung seiner Söldner Truppen laut geklagt. Schließlich ist er sogar mit seinen Soldaten in Richtung Moskau marschiert. Es ist bis heute noch unklar, ob das ernst gemeint gewesen ist, oder vielleicht doch nur eine Show. Aber wenn es um Waffen und Soldaten geht, dann muss man das alles ernst nehmen. Putin hat es aber geschafft, dass Prigoschin wieder eingelenkt hat und über Vermittlung mit seinen Söldnern nach Weißrussland gegangen ist. Dort ist er eine starke Macht gegen die Ambitionen Polens gewesen, womöglich auf der Seite der Ukraine in den Krieg einzutreten. Umso mehr ist es jetzt erschreckend, dass Prigoschin bei einem Flugzeugabsturz in Russland ums Leben gekommen sein soll. Hier muss Putin jetzt dringend Beweise vorlegen, dass Russland nicht selber den einstigen Rebellen eliminiert hat. Denn das wäre eine totaler Vertrauensbruch und hätte fatale Folgen. Wer in der russischen Armee könnte dann noch Vertrauen in Putin haben? Wer große militärische Verdienste errungen und klare Schwächen bei den Kämpfen aufgezeigt hat, der darf dafür nicht zur Rechenschaft gezogen werden, sondern müsste vielmehr Unterstützung finden, um auch weiterhin die Drecksarbeit zu erledigen. Wie kann es sein, dass Putin nun zugunsten der Ukraine deren größten Gegenspieler nun selber ausschaltet? Das ergibt irgendwie keinen Sinn und lässt Zweifel an der Seriösität Putins aufkommen. An einen einfachen Flugzeug Unfall glaubt wohl auch keiner. Wenn es nicht bald Beweise gibt, dass es kein Abschuss mit einer Rakete gewesen sein kann und in der Zwischeinzeit keine militärischen Erfolge erzielt werden, dann wird es zu weiteren Rebellionen kommen.