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Ukraine beginnt mit Stromabschaltungen

Veröffentlicht von PSM.Media

In der Ukraine gibt es landesweite Stromabschaltungen – 40 Prozent der Energie-Infrastruktur beschädigt

Kiew. Nach massiven russischen Angriffen auf die Infrastruktur hat die Ukraine mit Stromabschaltungen im ganzen Land begonnen. In der Hauptstadt Kiew fiel die Elektrizität in einigen Haushalten bereits am Mittwochabend kurzzeitig aus. Für Donnerstag hat der ukrainische Versorger Ukrenergo auch in anderen Gebieten Engpässe bis 22.00 Uhr Ortszeit (21.00 Uhr MESZ) angekündigt. Russland bestritt indes im UNO-Sicherheitsrat den Einsatz iranischer Drohnen in der Ukraine.

Es sei notwendig, von 07.00 Uhr bis 23.00 Uhr den Stromverbrauch zu minimieren, sagte ein Selenskyj-Berater. Wenn dies nicht geschehe, müsse man sich auf vorübergehende Stromausfälle vorbereiten. Zugleich gab es Appelle, Powerbanks, Batterien und Taschenlampen bereit zu halten. Der ukrainische Netzbetreiber Ukrenergo stellte danach klar, dass die Strom-Einschränkungen nur am Donnerstag gelten sollen. Hintergrund sei ein Kapazitätsmangel im System, heißt es in einer Erklärung auf Telegram. Allerdings könnte mit Einbruch der Kälte nicht ausgeschlossen werden, „dass wir Sie noch häufiger um Hilfe bitten müssen”.

In der Hauptstadt Kiew soll am Donnerstag die Fernwärme wieder angeschaltet werden, wie Bürgermeister Vitali Klitschko mitteilte. Die Reparatur- und Rettungsdienste seien um zehn Prozent aufgestockt worden. Klitschko rief die Bürger der Hauptstadt zum Stromsparen auf. Sie sollten keine Heizlüfter oder Klimaanlagen nutzen.

Russland überzieht die Ukraine seit eineinhalb Wochen mit großflächigen Angriffen und zielt dabei insbesondere auf die kritische Infrastruktur des Landes. Nach jüngsten Angaben der Regierung in Kiew sind durch Raketen und Drohnen mittlerweile rund 40 Prozent der ukrainischen Energie-Infrastruktur beschädigt. Befürchtet wird, dass sich der Notstand im Lauf des Winters massiv verschärft. Fachleute versuchen, die Schäden so gut wie möglich zu beseitigen.

Die ukrainischen Streitkräfte treiben ihre Offensive gegen die russischen Invasionstruppen in der südlichen Region Cherson nach eigenen Angaben voran. Dort seien 43 russische Soldaten getötet und sechs Panzer sowie andere Ausrüstung zerstört worden, teilt das Militär am Donnerstag mit. Im Raum Mykolajiw hat die ukrainische Luftwaffe eigenen Angaben zufolge erneut 14 Shahed-136-Drohnen abgeschossen. In Beryslav habe man zwei russische Munitionslager zerstört, teilte die Nachrichtenagentur Ukrinform mit. Am Mittwoch hatte die von Russland eingesetzte Verwaltung in Erwartung eines ukrainischen Angriffs eine Evakuierung in dem besetzten Gebiet und auch in der gleichnamigen Regionalhauptstadt Cherson angeordnet.

In der Ostukraine an der Grenze zu Russland konzentrierten sich die russischen Streitkräfte dem ukrainischen Militär zufolge bei ihrem Vorstoß vor allem auf die Städte Bachmut und Awdijiwka. Bachmut steht im Mittelpunkt des nur langsamen russischen Vormarschs in der Region Donezk. Nach den ukrainischen Angaben haben die russischen Truppen in der Region mindestens zehn Städte mit Panzern und Artillerie beschossen. Besonders betroffen waren die Ballungsgebiete Charkiw, Isjum, Tschuhujiw und Kupjansk.

Der umstrittene Einsatz iranischer Drohnen in der Ukraine war am Mittwochabend (Ortszeit) Thema im UNO-Sicherheitsrat. Der russische Vertreter Dmitri Poljanski wies entsprechende Berichte als „unbegründete Anschuldigungen und Verschwörungstheorien” zurück. Man setze nur in Russland hergestellte Drohnen ein. „Ich würde Ihnen empfehlen, die technologischen Fähigkeiten der russischen Drohnenindustrie nicht zu unterschätzen”, sagte er. Zugleich drohte er damit, die Kooperation mit den Vereinten Nationen einzustellen, sollte es eine UNO-Inspektion der Drohnen geben. „Wir wollen das nicht tun, aber wir haben keine andere Wahl”, sagte der stellvertretende russische UNO-Botschafter.

Zur Sprache gebracht wurde die Drohnencausa von den USA, Großbritannien und Frankreich. Sie brachten nach Angaben von US-Außenamtssprecher Ned Price ihre „große Besorgnis über den Erwerb dieser UAVs (Unmanned Aerial Vehicle) vom Iran durch Russland zum Ausdruck”. Es gebe „zahlreiche Beweise” für den Einsatz dieser Drohnen auf Zivilisten und zivile Infrastrukturen in der Ukraine.

Selenskyj richtete sich in einer Rede auch an die Männer in den von Moskau besetzten und zum eigenen Staatsgebiet erklärten Gebieten. Die dortigen Männer sollten sich auf keinen Fall in die russische Armee einberufen lassen. „Vermeiden Sie das, wenn es irgendwie möglich ist”, so Selenskyj. Wer diese Gebiete verlassen könne, solle das tun. Wer eingezogen worden sei, solle die Waffen strecken und versuchen, zu den Ukrainern zu desertieren. „Das Wichtigste: Retten Sie ihr Leben, und helfen Sie unbedingt auch anderen!”, sagte er.

Der russische Machthaber Wladimir Putin hat am Mittwoch den Kriegszustand über die ukrainischen Gebiete Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson ausgerufen. Russland beansprucht sie völkerrechtswidrig für sich und betrachtet die dort lebenden Ukrainer als russische Staatsbürger. Damit wächst die Gefahr, dass die Männer zum Dienst in der russischen Armee gezwungen werden und gegen ihre Landsleute kämpfen müssen.

 

APA, Foto: Systembild Stromabschaltungen (C) IStock