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Papst Franziskus empfängt Außenminister Maas zu Privataudienz

Veröffentlicht von PSM.Media

Maas will mit dem Papst über sexuellen Missbrauch reden

Rom. Erstmals seit fast 20 Jahren empfängt ein Papst einen deutschen Außenminister zu einer Privataudienz. Der Katholik Heiko Maas schätzt Franziskus, will aber auch heikle Themen mit ihm besprechen.

Bundesaußenminister Heiko Maas will mit Papst Franziskus bei einer Privataudienz auch über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche reden. Dies sei eine Frage, die viele Menschen bewege und ihr Verhältnis zu ihrer Religionsgemeinschaft bestimme, sagte Maas nach seiner Ankunft in Rom. Es interessiere ihn, „wie die Katholische Kirche und wie insbesondere auch der Papst damit umzugehen gedenkt“. Maas wird als erster deutscher Außenminister seit fast 20 Jahren vom Papst zu einer Privataudienz empfangen.

Zuletzt hatte vor allem der Umgang des Erzbistums Köln mit dem Missbrauch von Kindern durch Priester für Aufregung gesorgt. Kardinal Rainer Maria Woelki hatte ein Gutachten dazu lange Zeit unter Berufung auf rechtliche Bedenken zurückgehalten.

Maas betonte, dass die Aufarbeitung des Missbrauchs nicht alleine Sache der Kirche sei. Insbesondere da, wo es um strafrechtliche Zusammenhänge gehe, bedürfe es staatlicher Aufklärung. „Insofern kann der Staat sich gar nicht aus dieser Frage heraushalten, wenn es Opfer gibt, die ein Anrecht darauf haben, dass die Täter zur Verantwortung gezogen werden müssen.“

Maas begrüßte vor dem Gespräch auch die Segnungsgottesdienste für hetero- und homosexuelle Paare, mit denen sich deutsche Katholiken am Montag bewusst gegen ein Verbot des Vatikans gestellt hatten. Insgesamt wurden rund 100 Gottesdienste abgehalten. Eine Aktion dieser Art und Größenordnung hatte es in der Kirche bisher noch nicht gegeben.

„Zumindest sehe ich, dass es in Teilen der katholischen Kirche große Offenheit gibt für gesellschaftliche Entwicklungen, denen man sich nicht verschließen kann“, sagte Maas dazu. „Dass damit diese Diskussionen nochmal angestoßen werden und vertieft geführt werden, das begrüße ich sehr.“

Im März hatte die Glaubenskongregation des Vatikans klargestellt, dass es „nicht erlaubt“ sei, homosexuelle Partnerschaften zu segnen, da solche Verbindungen „nicht als objektiv auf die geoffenbarten Pläne Gottes hingeordnet anerkannt werden“ könnten. Im deutschsprachigen Raum protestierten zahlreiche katholische Verbände und über 280 Theologieprofessoren dagegen.

Ein weiteres heikles Thema, das in dem Gespräch zwischen Maas und Franziskus eine Rolle spielen könnte: Der Papst setzt sich für eine Aufweichung des Patentschutzes für Corona-Impfstoffe ein, um die Immunisierung von Menschen in armen Ländern zu beschleunigen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich klar dagegen ausgesprochen, Maas dagegen eine gewisse Offenheit für eine Aufweichung des Patentschutzes erkennen lassen. „Wenn das ein Weg ist, der dazu beitragen kann, dass mehr Menschen schneller mit Impfstoffen versorgt werden, dann ist das eine Frage, der wir uns stellen müssen“, sagte der SPD-Politiker vergangene Woche.

Eigentlich sind Privataudienzen beim Papst Staats- und Regierungschefs sowie im Fall Deutschlands auch Ministerpräsidenten der Länder vorbehalten, da diese Kirchenvertragspartner des Heiligen Stuhls sind. Der bislang letzte Außenminister, dem eine Privataudienz beim Papst gewährt wurde, war Joschka Fischer 2003.

Der Katholik und frühere Messdiener Maas sagte, es sei sein persönlicher Wunsch gewesen, mit dem Papst zu sprechen. Er schätze Franziskus für seine „sehr unkonventionelle“ Art.

Nach der Audienz wird Maas den italienischen Außenminister Luigi Di Maio treffen. Dabei wird es unter anderem um die wieder zunehmenden Flüchtlingsbewegungen über das Mittelmeer gehen. Maas rief die anderen EU-Staaten zur Solidarität mit Italien auf, wo besonders viele der Menschen an Land gehen. „Wir sind grundsätzlich der Auffassung, dass man Italien nicht alleine lassen kann mit dieser Situation“, sagte er.

Auf der kleinen Mittelmeerinsel Lampedusa kommen seit einigen Tagen wieder deutlich mehr Bootsmigranten vor allem aus Libyen und Tunesien an – innerhalb kurzer Zeit waren es mehr als 2000. Ein Sprecher der EU-Kommission sagte, dass Deutschland und die anderen EU-Staaten Italien bislang nicht angeboten hätten, einen Teil der Migranten aufzunehmen.

Maas sagte, Deutschland habe in der Vergangenheit Flüchtlinge aus Italien und Griechenland aufgenommen. Die Bundesregierung werde innerhalb der Europäischen Union weiter dafür werben, dass andere das auch tun. „Es kann nicht sein, dass das Thema Migration zum Exklusivthema einiger europäischer Mitgliedstaaten wird, die bereit sind, Flüchtlinge aufzunehmen.“

Auch die Corona-Pandemie und die rückläufigen Infektionszahlen in Europa dürften mit Blick auf den Sommerurlaub eine Rolle bei dem Gespräch spielen. Italien ist das zweitbeliebteste Urlaubsland der Deutschen nach Spanien und hofft darauf, dass die Touristen in diesem Sommer wiederkommen.

 

dpa/psm/presse.online, Foto: Am Mittwoch wird Papst Franziskus den deutschen Außenminister Heiko Maas empfangen © Annett Klingner