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BGH prüft Entschädigungsansprüche für Flugausfall bei Streik

Veröffentlicht von PSM.Media

Flug wurde wegen Arbeitsniederlegungen an der Passagierkontrolle annulliert

Die Entschädigungsansprüche von Passagieren bei einem mit einem Streik begründeten Flugausfall stehen vor dem Bundesgerichtshof (BGH)(BGH prüft Entschädigungsansprüche) auf dem Prüfstand. Das Gericht befasste sich am Dienstag mit der Frage, welche Ansprüche bestehen, wenn eine Airline einen Flug wegen Arbeitsniederlegungen der Beschäftigten an der Passagierkontrolle kurzfristig streicht. Ein Urteil wurde am Nachmittag erwartet. (Az. X ZR 111/17)

In dem konkreten Fall wollte ein Ehepaar im Februar 2015 von Hamburg nach Lanzarote fliegen. Die Fluggesellschaft annullierte den Flug aber, weil die Beschäftigten an der Passagierkontrolle in den Ausstand getreten waren. Die Kläger verlangen deshalb von der Airline Ausgleichszahlungen und berufen sich dabei auf die EU-Fluggastrechteverordnung. Der Streitwert liegt bei rund 900 Euro. Die Airline strich an dem Streiktag zwar den Flug, ließ das Flugzeug aber ohne Passagiere nach Lanzarote fliegen.

In den Vorinstanzen blieb die Klage des Ehepaars erfolglos. Im Berufungsverfahren entschied das Landgericht Hamburg, dass es sich bei dem Streik um “außergewöhnliche Umstände” handle und die Fluggesellschaft deshalb nicht zahlen müsse. Das Gericht begründete dies unter anderem damit, dass wegen des Streiks an der Kontrolle ein Sicherheitsrisiko bestehe. Die EU-Verordnung sieht vor, dass Ausgleichszahlungen nicht fällig werden, wenn eine Annullierung auf “außergewöhnliche Umstände” zurückgeht, die die Fluggesellschaft nicht vermeiden konnte.

Vor dem BGH geht es nun darum, wie dies in diesem Fall ausgelegt werden muss. Der zuständige Zivilsenat deutete Zweifel an der Auslegung des Hamburger Landgerichts an. Ein Streik könne geeignet sein, “außergewöhnliche Umstände” zu begründen, sagte der Vorsitzende Richter Peter Meier-Beck. Entscheidend sei aber, ob die Fluggesellschaft zur Annullierung gezwungen gewesen sei. Der Senat sei skeptisch, ob eine angenommene abstrakte Gefahr dafür ausreiche, dass der Flugausfall unvermeidlich gewesen sei, sagte er mit Blick auf das angeführte Sicherheitsrisiko durch den Streik an der Passagierkontrolle.

Der Anwalt der Kläger verwies darauf, dass das Ehepaar nach eigener Darstellung die Sicherheitskontrollen an dem Tag bereits am frühen Morgen passiert habe und deshalb rechtzeitig am Abfluggate gewesen sei. Er bezweifle, dass die Annullierung unvermeidbar gewesen sei. Der Vertreter der Airline in dem Verfahren zeigte sich dagegen überzeugt, dass diese den Flug zu Recht gestrichen habe.

Die Frage, welche Auswirkungen Streiks auf mögliche Ausgleichszahlungen haben, befasst deutsche und europäische Gerichte schon lange. Für Aufsehen sorgte erst im April ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg. Der EuGH entschied, dass die Fluggesellschaft Tuifly Passagiere entschädigen muss, die wegen der gehäuften Krankmeldungen von Piloten im Oktober 2016 auf ihren Flieger warten mussten. Die Airline habe den “wilden Streik” wegen einer überraschend angekündigten Umstrukturierung selbst verschuldet und könne sich deswegen nicht auf einen “außergewöhnlichen Umstand” berufen, der sie von der Pflicht zu Ausgleichszahlungen befreie, entschied der Gerichtshof.

 

Quelle: AFP, 04.09.2018, Foto: BGH prüft Ansprüche von Fluggästen/BGH prüft Entschädigungsansprüche für Flugausfall bei Streik, (Quelle: dpa/AFP/Archiv / Kevin Kurek)