Arte verhindert Doku zu Antisemitismus

Heiße Divisionen über Doku zu Antisemitismus welchen Arte verhindert

Veröffentlicht von PSM.Media

Die Sache stinkt zum Himmel. Mit knapper Mehrheit akzeptierte der deutsch-französische TV-Sender Arte im April 2015 das Dokumentationsprojekt zum „Antisemitismus in Europa“. Eingereicht hatte es Joachim Schröder von der bewährten Film- und Fernsehproduktionsgesellschaft Preview Production (München) und gemeinsam mit Sophie Hafner durchgeführt. Betreut wurde die Arbeit von der Arte-Redaktion im Westdeutschen Rundfunk (WDR).

Im Dezember 2016 nahm die dort zuständige Redakteurin Sabine Rollberg den Film ab. Seither verhindert Alain Le Diberder, seines Zeichens Programmdirektor von Arte, dass die 90-minütige Dokumentation ins Programm genommen wird. Er verweist auf das von Anfang an „negative Votum der französischen Mitglieder der Programmkommission“ und moniert mangelnde „Ausgewogenheit“. Ein bizarres Argument. Anders als Le Diberder meine ich, dass Antisemitismus dem „ausgewogenen“ Sowohl-als-auch oder der wohlwollenden Unterscheidung zwischen angeblich gemäßigt-tolerablen und abzulehnenden Spielarten nicht zugänglich ist.

Intensive Recherche und wechselnde Perspektiven

Mittlerweile habe ich den Film begutachtet. Er gewinnt seine Kraft aus intensiver Recherche und wechselnden Perspektiven. Das gilt exemplarisch für die Szenen aus rechts- und linksradikalen Veranstaltungen in Deutschland und Frankreich, Interviews mit evangelischen Friedensaktivistinnen, Sequenzen aus der Mitte des Europäischen Parlaments, Rockkonzerten und Rap-Videos. Der Film dokumentiert die korrupte, Hamas-gesteuerte „Selbstverwaltung“ von Uno-Hilfsgeldern in Gaza. Nun behauptet Le Diberder, dem Film mangele es an „Multiperspektivität“.

Das Gegenteil ist richtig. Differenziert lassen die Autoren auch pragmatisch denkende Studentinnen der Universität Gaza zu Wort kommen, die den herrschenden, von der Hamas verordneten Judenhass ekelhaft finden. Der sozialistische Bürgermeister einer Pariser Vorortstadt sieht sich auf verlorenem Posten, vom Staat alleingelassen im Kampf gegen militanten arabischen Antisemitismus. Dieser bewirkt, dass seine jüdischen Bürger scharenweise die Gemeinde verlassen und die Prinzipien der Republik vor die Hunde gehen.

 „Der Film ist eine Provokation“

Den in jeder Weise positiven Eindruck von dieser Dokumentation teilt mit mir der Historiker Michael Wolffsohn. Doch konnte die zuständige Redakteurin Rollberg nichts gegen die französische Blockade ausrichten. Deshalb baten die Filmemacher Tom Buhrow, den Intendanten des WDR, um helfendes Eingreifen. Wie Jörg Schönenborn in dessen Auftrag antwortete, respektieren er und Buhrow jedoch die „nachvollziehbare“, angeblich aus „formellen Gründen“ getroffene Ablehnung von Alain Le Diberder.

Neben den schriftlichen Mitteilungen zu diesem Fall gibt es auch mündliche. Die lauten so: „Der Film ist eine Provokation“; „er schüttet Öl ins Feuer“; „er kann angesichts der Terrorlage in Frankreich nicht gezeigt werden“. Angeblich sei „der Film antiprotestantisch, antimuslimisch und proisraelisch“ und nicht „ergebnisoffen“. Dank ihrer gut recherchierten Klarheit provoziert die Dokumentation in der Tat, insbesondere heimliche Antisemiten, die sich ertappt fühlen. Wer verhindert, dass der Film bei Arte oder im Programm der ARD gezeigt wird, begeht Zensur – sei es aus Wurstigkeit, Feigheit oder „antizionistischem“ Ressentiment.

– Quelle: http://www.berliner-zeitung.de/26824492 ©2017