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Beate Raudies:

Veröffentlicht von PSM.Media

Wahlfreiheit in der Krankenversicherung für Beamte ist ein erster Schritt zu einem besseren Gesundheitssystem

Kiel – Unser Gesundheitssystem basiert derzeit im Wesentlichen auf zwei Säulen. Die Systeme von privater und gesetzlicher Krankenversicherung arbeiten parallel, die Übergänge sind schwierig, der Wechsel von einem ins andere System oft nur schwer möglich. Zudem haben nicht alle Beschäftigten die Wahl, sich für ein System zu entscheiden. Das gilt vor allem für die Beamten. Es ist weder zeitgemäß, noch sozial gerecht oder verfassungsrechtlich geboten, dass die Krankheitskosten von Beamtinnen und Beamten ausschließlich über Beihilfe und die Private Krankenversicherung abgesichert werden. Nur weil es immer schon so war, muss es nicht so bleiben. Mit unserem heutigen Antrag wollen wir die Wahlmöglichkeiten für die Beamtinnen und Beamte erweitern. Wir schaffen mit diesem Angebot echte Wahlfreiheit im Öffentlichen Dienst und einen Zugang für Beamtinnen und Beamte in die Solidargemeinschaft der Gesetzlichen Krankenversicherung. Der Hamburger Senat liefert mit seiner aktuellen Gesetzesinitiative die Blaupause dafür, wie es gehen kann. Denn der Hamburger Gesetzentwurf sieht eine alternative Form der Beihilfeleistung vor, und zwar in Form einer pauschalen Beihilfezahlung für GKV-Beiträge.

Diese Möglichkeit einer pauschalierten Beihilfe besteht als freiwillige Wahlmöglichkeit, und zwar im Wesentlichen für neue Beamtinnen und Beamte, die bisher schon in der GKV versichert waren, bzw. für Beamtinnen und Beamte, die sich bisher schon auf freiwilliger Basis in der GKV versichert haben.

Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, dass sich der Staat auch an den Krankheitskosten von gesetzlich versicherten Beamtinnen und Beamten beteiligt. Für Beamtinnen und Beamte mit Kindern, Versorgungsempfänger oder Menschen mit Behinderung kann die Gesetzliche Krankenversicherung die bessere Alternative sein. Hier richten sich die Beiträge nach Einkommen und nicht nach Risiko und nicht erwerbstätige Familienmitglieder sind beitragsfrei mitversichert.

Eine entsprechende Ergänzung unserer Beihilfevorschriften würde für den Großteil der Beamtinnen und Beamten in Schleswig-Holstein keine Veränderung zum Status quo bringen. Eine Einschränkung von Leistungen oder gar Ansprüchen der Beamtinnen und Beamten ist aus unserer Sicht mit dieser Erweiterung auch nicht verbunden.

Ministerpräsident Günther hat bei seinem Antrittsbesuch in Hamburg die Wichtigkeit der länderübergreifenden Zusammenarbeit betont. Hier bietet sich ein konkretes Projekt. Täglich fahren Tausende von Schleswig-HolsteinerInnen nach Hamburg, um dort als Hamburger Landesbeamte zu arbeiten – als Lehrkräfte, Polizisten, Finanzbeamte. Schaffen wir also für unsere Landesbeamten dieselbe Möglichkeit, zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung zu wählen. Denn solange Hamburg als einziges Bundesland eine entsprechende Regelung eingeführt hat, kann es im Fall eines Länderwechsels zu Problemen kommen, wenn dann wieder der Wechsel von der gesetzlichen Krankenversicherung in eine private Krankenversicherung plus Beihilfe notwendig wird.

Wir reden immer wieder darüber, wie wir den öffentlichen Dienst attraktiver machen können. Der Attraktivität einer Laufbahn im Landesdienst dürfte die Wahlfreiheit bei der Krankenversicherung im Übrigen daher nicht abträglich sein.

Der Hamburger Gesetzesentwurf hat in der bundesweiten Medienlandschaft viel Beachtung gefunden. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung kommentierte den Gesetzesentwurf am 09. August 2017 unter der Überschrift: “Ein Stück Sozialgeschichte” wie folgt: “Hamburg ebnet seinen Beamten den Weg in die gesetzliche Krankenversicherung. Dass das bislang nicht geht, war noch nie logisch, vernünftig auch nicht.” Und der Tagesspiegel kommentierte am 22. August 2017 unter der Überschrift “Gegen Wahlfreiheit gibt es kein Argument” mit folgenden Worten: “In Hamburg können sich Beamte künftig auch gesetzlich krankenversichern, ohne finanziell bestraft zu werden. Das ist vernünftig – und überfällig.”

Das ist nicht die Einführung der Bürgerversicherung – es besteht also kein Anlass für aufgeregte Debatten und Kassandrarufe. Denn unter einer Bürgerversicherung verstehen wir mehr: Bürgerversicherung heißt für uns, alle Bürgerinnen und Bürger auf die gleiche Weise zu versichern. Diese Versicherung soll alle erstmalig und bislang gesetzlich Versicherten aufnehmen, und dazu zählen wir dann auch die Beamtinnen und Beamten. Wir wollen eine paritätische Versicherung, in die Arbeitgeber und Versicherte wieder den gleichen Anteil am gesamten Versicherungsbeitrag einzahlen. Davon ist der Hamburger Vorstoß noch weit entfernt. Aber er ist ein erster, kleiner Schritt für ein besseres Gesundheitssystem.

Ich beantrage Überweisung in den Finanzausschuss.

Original-Content von: SPD-Landtagsfraktion SH