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Atomenergie in Deutschland nach 62 Jahren aus

Veröffentlicht von PSM.Media

Letzte AKW gehen vom Netz

Ein Moment für die Geschichtsbücher: Die deutschlandweit letzten 3 Atomkraftwerke sollen am Samstag vom Netz gehen.

Berlin. Die Abschaltung des letzten Werks wird kurz vor Mitternacht erwartet – welcher der Meiler Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 der letzte sein wird, ist unklar. Damit endet nach mehr als 60 Jahren die Stromgewinnung aus Atomkraft in Deutschland. Kernkraftgegner wollen das Ende in mehreren Städten mit Kundgebungen begleiten.

Während die Debatte politisch in den vergangenen Tagen immer wieder schwelte, haben sich die Betreiber lange im Voraus auf den Stichtag vorbereitet. Die Leistung der Reaktoren wird kontinuierlich gesenkt. Danach wird der Generator vom Stromnetz genommen und der Reaktor komplett abgeschaltet.

Die AKW hätten eigentlich schon Ende vergangenen Jahres vom Netz gehen sollen. Wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und der dadurch ausgelösten Energiekrise beschloss die Ampel-Koalition im vergangenen Jahr jedoch, die 3 letzten Kraftwerke über den Winter weiterlaufen zu lassen. Am Samstag müssen sie nun entsprechend dem geänderten Atomgesetz endgültig heruntergefahren werden.

„Atomkraft? Und Tschüss“

Vor rund 62 Jahren ging das erste kommerzielle Atomkraftwerk in Deutschland in Betrieb – am Samstag sollen nun die drei verbliebenen Meiler in Deutschland vom Netz gehen. Auch wenn das Zeitalter der Atomkraft hierzulande endet, schwelt die Debatte wenige Stunden vor Abschaltung der Kraftwerke weiter.

SPD und Grünen freuten sich am Samstag über den endgültigen Ausstieg aus der Kernenergie. Der dritte Ampel-Koalitionspartner, die FDP, bedauert hingegen, dass mit Ablauf des Samstags Schluss sein soll mit der Atomkraftnutzung.

Grünen-Chefin Ricarda Lang schrieb am Samstag, der Atomausstieg bedeute den „endgültigen Einstieg ins Zeitalter der erneuerbaren Energien.“ Die SPD-Bundestagsfraktion schrieb kurz und knapp auf Twitter: „Atomkraft? Und Tschüss“. Unterlegt war das Bild eines einstürzenden AKW-Kühlturms.

Die FDP-Fraktion schrieb hingegen auf Twitter: „Wir machen keinen Hehl daraus, dass wir uns beim Atomausstieg einen befristeten Weiterbetrieb für ein Jahr gewünscht hätten.“ Dafür gebe es in den Ampel-Fraktionen aber keine Mehrheit. Die Liberalen bekräftigten aber ihre Haltung, dass die drei letzten Atommeiler nach ihrer Abschaltung betriebsbereit bleiben sollten, damit sie im Ernstfall schnellstmöglich reaktiviert werden können.

3 Generationen lang Atomkraft genutzt

Die oppositionelle CSU im Bundestag sprach via Twitter hingegen von einem „schwarzen Tag für Bürger, Industrie und Klimaschutz in Deutschland“ durch das AKW-Aus. Auch eine Mehrheit für den Weiterbetrieb in der Bevölkerung habe die Ampel-Koalition nicht zum Umlenken bewogen, bedauerte die CSU-Landesgruppe.

Eigentlich hätten die AKW schon Ende vergangenen Jahres vom Netz gehen sollen. Das hatte die Koalition aus CDU/CSU und FDP als Reaktion auf die Reaktorkatastrophe von Fukushima beschlossen. Wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine entschied die aktuelle Ampel-Koalition im vergangenen Jahr jedoch, die drei Meiler über den Winter weiterlaufen zu lassen.

Mit der Abschaltung der 3 Meiler fängt die eigentliche Arbeit am Atomausstieg erst an. „Wir haben etwa 3 Generationen lang Atomkraft genutzt in unserem Land und dabei Abfälle produziert, die noch für 30.000 Generationen gefährlich bleiben. Diese Verantwortung übergeben wir an unsere Enkel, Urenkel und noch viele weitere Generationen“, sagte die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) mit Blick auf die anstehenden Aufgaben. Insgesamt müssen noch mehr als 30 Meiler in Deutschland zurückgebaut werden.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace sprach von einem „historischen Tag“. In einer Aussendung wurde Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace in Österreich, Samstag früh so zitiert: „Das ist ein riesiger Meilenstein in Richtung erneuerbare Energien und einer sicheren und grünen Energiezukunft. Gleichzeitig droht Atomkraft aber in anderen EU-Ländern, wie Frankreich, unter dem Scheinargument Klimaschutz eine Renaissance zu erleben.“ Die Umweltschutzorganisation fordert deshalb das Ende der Kennzeichnung von Atomkraft als grüne Energie und hat dazu bereits eine Klage gegen die EU-Taxonomie in Vorbereitung.

 

APA, Foto: Schwarzen Tag für Bürger, Industrie und Klimaschutz in Deutschland © IStock