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Poker ums Gas

Veröffentlicht von PSM.Media

Die EU will bis Jahresende die Öl- und Gasimporte aus Russland um zwei Drittel senken

Um von Energielieferant Russland loszukommen, hat die EU einen Plan entworfen.

Berlin. Mit Beginn des Angriffs auf die Ukraine hatte der Westen einen Lieferstopp Russlands bei Gas und allenfalls auch Öl befürchtet. Vor dramatischen Folgen für Europa war gewarnt worden. Doch der Lieferstopp blieb aus. Nun probiert der Westen mit einer Selbstbeschränkung bei Öl- und Gasimporten den Zufluss selber zu drosseln und so Russlands Einnahmen zu treffen. Die EU will bis Jahresende die Importe um zwei Drittel senken.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigt sich optimistisch, dass die EU ihre Energieabhängigkeit von Russland schneller reduzieren kann als gedacht. Die EU-Staaten hätten bereits so viel LNG-Gas eingekauft, dass man in diesem Winter ohne russisches Gas auskommen könne, sagte von der Leyen im ZDF. Zusammen mit stärkerem Energiesparen und dem Ausbau der Erneuerbaren Energien werde man sich unabhängig machen können.

Der heimische Gasverbrauch wird derzeit zu 80 Prozent mit russischem Erdgas gedeckt. Diese Abhängigkeit verdeutlicht auch die Statistik: Der Löwenanteil aller Importe aus Russland entfiel 2021 mit 86,6 Prozent auf die Produktgruppe Brennstoffe und Energie. Parallel dazu kamen im abgelaufenen Jahr 41,2 Prozent aller Eisenerzimporte aus der Ukraine. Generell waren 61,5 Prozent aller Importe aus dem Land Rohstoffe.

“Es ist hart, aber möglich”

Der EU-Plan sieht vor, den Ausbau erneuerbarer Energieträger zu beschleunigen, neue Quellen für Gaslieferungen zu erschließen und den Energieverbrauch zu senken. Zudem sollen Mindestfüllstände für Gasspeicher eine bessere Versorgung im Winter sichern. Frans Timmermans, Vizepräsident der EU-Kommission, sagte bei der Vorstellung des Plans: “Es ist hart, verdammt hart. Aber es ist möglich.” Die Gaspreise dürften einige Zeit sehr hoch bleiben.

Die USA und Großbritannien haben parallel zur Entscheidung am Dienstag Importverbote für Öl aus Russland verhängt. Die US-Maßnahme war eng mit den Partnern in der EU abgestimmt. Es sei im Interesse der Amerikaner, dass sich nicht alle anderen anschließen, weil sonst der Preis für nicht-russisches Öl weiter steigen würde. Ab wann das US-Importverbot gilt, war unklar, das britische Verbot soll ab Jahresende gelten. Beide Länder sind deutlich weniger abhängig von russischem Öl als einige Länder in der EU wie Österreich und Deutschland. Der Anteil des russischen Öls an der britischen Nachfrage macht laut Angaben von Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng derzeit 8 Prozent aus, die Einfuhren aus Russland knapp 8 Prozent aller US-Importe in dieser Kategorie.

Habeck gegen ein Ölimportverbot aus Russland

Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck hat sich auch gegen ein Ölimportverbot aus Russland ausgesprochen und warnte vor schweren Schäden für die deutsche Wirtschaft und steigenden Preisen für die Verbraucher. Deutschland bezieht 35 Prozent des Öls aus Russland.

Außerdem ist angesichts der aktuellen mehr als Verzehnfachung des Gaspreises und massiven Steigerung des Ölpreises offen, wie schwer Russlands Budget in Mitleidenschaft gezogen würde, wenn der Westen nur mehr ein Drittel des Energieträgers importiert, selbst wenn Russland keine alternativen Abnehmer findet.

Felbermayr: “Sanktionen wirken nicht gut genug”

Wifo-Chef Gabriel Felbermayr hielte es im Rahmen von Maßnahmen gegen Russland wegen des Ukraine-Krieges für geopolitisch klüger, die Einfuhr von Öl und Metallen aus Russland zu stoppen als die Gasimporte. Die bisherigen Sanktionen gegen das Land hätten nicht genug gewirkt, weil Moskau aus dem Verkauf von Öl, Gas und Metallen Devisen einnehme und den Rubel damit stützen könne, gab Felbermayr in einem Interview mit den “Oberösterreichischen Nachrichten” (Mittwoch) zu verstehen.

Die Sanktionen gegen Russland würden nicht so stark wirken wie zunächst angenommen. “Uns hat etwas überrascht, dass der Rubel nicht stärker eingebrochen ist, weil die Russen eine clevere Abwehrstrategie verwenden”, so Felbermayr. Zwar dürfe die Zentralbank nicht mehr auf ihre Guthaben im Westen zugreifen. Denn eigentlich würde sie, um die russische Währung zu stützen, jetzt Rubel kaufen und Devisen verkaufen, das gehe aber nicht. Dafür würden nun die Devisen aus dem Öl- und Gasverkauf verwendet.

“Will man also wirklich Druck auf Wladimir Putin aufbauen, wird man vermutlich über Einschränkungen bei Erdöl, Gas und Metallen sprechen”, meinte der Wifo-Chef. Freilich wären Sanktionen bei Öl für Russland auch leichter zu umgehen. Bei Gas gebe es in Europa sehr unterschiedliche Zugänge – je nach Grad der Abhängigkeit von russischem Gas -, eine Uneinigkeit könne man hier nicht brauchen, auch nicht mit den USA, so der Wifo-Chef: “Das würde der Kreml sofort ausnützen. Daher meine ich, es geht aus geopolitischen Gründen zunächst um Erdöl und Metalle.”

 

euters/dpa/ap